Wien - "Von allen abgeschlossenen Lehrverträgen werden rund 20 Prozent bereits jetzt vorzeitig wieder aufgelöst. Von einer faktischen Pragmatisierung der Lehrlinge kann keine Rede sein," wehrt der Berufsbildungsexperte des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Alexander Prischl Aussagen von Wirtschaftsbund-Chef Karl-Heinz Kopf ab. Dieser hatte gemeint, die Wirtschaft würde mehr Lehrlinge ausbilden, wenn diese bei mangelnder Eignung leichter als bisher zu kündigen wären.

Für alle Lehrlinge bestehe in Österreich eine Probezeit, die von der Bundesregierung sowieso schon auf drei Monate ausgeweitet worden sei, erklärte Prischl. Im Gegensatz zu Kopf kann er sich eine weitere Verlängerung auf ein Jahr deshalb "absolut nicht vorstellen", denn es sei schließlich nicht einsehbar, dass für Jugendliche eine längere Probezeit gilt als für jeden Generaldirektor."

Ende November waren laut Prischl mehr als 13.000 Jugendliche auf der Suche nach einer regulären Lehrstelle. Die Zahl der angebotenen Stellen sei im Laufe eines Jahres um 19,8 Prozent gesunken. Die Wirtschaft kommt hingegen auf ein Plus von 1,7 Prozent. Prischl meint nun deshalb süffisant, dass die Wirtschaft dabei eben vergesse, dass davon ein Fünftel wieder gelöst werde. (APA, Der Standard, Printausgabe, 12.12.2003)