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Foto: Reuters/ ALI JAREKJI

Ein guter Tag zum Ernten", lächelt er zufrieden in die Runde. In einigen Stunden werden sich auch die letzten Wolken verzogen haben, auch wenn es am Gardasee vergleichsweise kühl bleiben wird an diesem Oktober-Wochenende. "Was gut ist, weil es dann weniger Oxidation gibt", sagt Comincioli. Die umliegenden Bergkuppen, die ob eines frühen Wintereinbruchs eine prächtige Schneedecke tragen, geben fototechnisch einiges her. "Gestern wäre es nicht gegangen." Gestern hatte es nämlich geregnet. Und Niederschlag bei der Olivenernte ist so ziemlich das Übelste, das passieren kann.

Es muss rasch gehen

Die Arbeiter stehen auf filigran wirkenden Metallleitern, die an die Bäume gelehnt werden, und streifen mit einer Art Kamm, nicht mit Stangen wie anderswo üblich, die Oliven von den Zweigen. Ab diesem Zeitpunkt muss es rasch gehen. Die Früchte fallen auf eine Plane und werden sofort in spezielle Transportkisten umgefüllt, die über Seitenschlitze belüftet sind.

Bekanntester Gastrojournalist

Seit den 60er-Jahren ist Luigi Veronelli einer der bekanntesten Gastrojournalisten Italiens, seit den 90ern verlegt er auch Bücher. Im Jahr 2001 hat Veronelli in einem "Manifesto" Kriterien zur Qualität von Olivenöl und Produktionsmethoden festgelegt und auch eine Schar von Olivenbauern versammelt, die bereit sind, nach den anspruchsvollen Richtlinien zu arbeiten. Ein wesentlicher Aspekt befasst sich mit der Preispolitik: Aufwändige Produktionen wie z.B. in Norditalien, wo Arbeitskräfte teuer sind, müssen sich für die jeweiligen Bauern lohnen.

Die Olivenkisten werden in Cominciolis Betrieb in Puegnago sul Garda abgeladen und sofort in den Entkerner entleert, wo in einem allerersten Arbeitsgang noch Zweige und Blätter "ausgeblasen" werden. Der Betrieb, in dem derzeit drei Generationen in der einen oder anderen Form in den Arbeitsprozess eingebunden sind, erinnert wegen seiner klinischen Hygiene und der martialisch anmutenden Technik mehr an Labor als an Landwirtschaft.

Für die Verarbeitung bleiben maximal vier Stunden

Für die Verarbeitung bleiben maximal vier Stunden. So will es Veronelli. "Die Olive an sich ist perfekt. Ist sie einmal gepflückt, kann sie nur noch schlechter werden", erklärt Comincioli. Gequetschte Früchte, jede kleinste Druckstelle, auch Löcher, die von Insekten gemacht werden, bieten Ansätze für Oxidation, was Qualitätsminderung bedeutet. Unter Luftabschluss werden die entkernten Früchte - eine weitere Vorgabe Veronellis - zu Brei zermahlen, aufgerührt und die Wasser-Öl-Emulsion in einer Art Zentrifuge aufgespalten, bis das Öl unter einer Schicht Inertgas abläuft, gefiltert und zur Lagerung in Edelstahltanks gepumpt wird. Die Maschine wurde eigens entwickelt. Über Modem ist Cominciolis Betrieb mit den Maschinenerzeugern verbunden, wo die gelieferten Daten für die Weiterentwicklung genutzt werden. Alle Veronelli-Erzeuger arbeiten eng mit dem landwirtschaftlichen Labor Metapontum Agrobios zusammen.

Die Öle werden jahrgangsweise abgefüllt

"In progresso" im Untertitel des Manifestos besagt, dass Veronelli das Regelwerk keineswegs für unverrückbar hält. Die Öle werden jahrgangsweise abgefüllt. Aber bei Fragen der Entkernung wie auch der Reinsortigkeit prallen Erkenntnisse und Philosophien von Forschern, Ernährungswissenschaftern und Gastrophilosophen aufeinander.

"Reinsortige Erzeugung" hingegen heißt vor allem einmal, "dass die Charakteristik der Sorten besser ausgelotet wird", erklärt Comincioli. Und Sorten gibt es in Italien immerhin mehr als 500. "Ob die Öle am Ende des ,progresso' auch tatsächlich unverschnitten am besten sind, wird sich weisen." (Luzia Schrampf, DER STANDARD Printausgabe 12.12.2003)