Wien - Zahlreiche Personen leiden in Österreich unter posttraumatischen Belastungsstörungen, die durch unverarbeitete, schockhafte Erlebnisse hervorgerufen werden können. "Die Zahl liegt bei über 500.000 Betroffenen, obwohl die Dunkelziffer auf über eine Million geschätzt wird", so Univ.-Prof. Dr. Brigitte Lueger-Schuster vom Institut für Klinische Psychologie in Wien und Mitautorin des Buches "Psychotrauma", das am Freitag anlässlich einer Pressekonferenz in Wien vorgestellt wurde.

"Unter einem Trauma versteht man einen unerwarteten psychischen Schock, das das bestehende Welt- und Selbstbild der Betroffenen erschüttert. Es ist ein schwerer Einbruch in den Menschen" sagte Univ.-Prof. Dr. Alexander Friedmann. Ursachen für Schocks können Kriege, Vergewaltigungen, aber auch Unfälle etc. sein: "Wenn man diesen Schock nicht verarbeiten kann, sind die Folgen fatal und können einen Menschen lebenslang verändern. Es ist wie ein Kratzer in einer Schallplatte - man bleibt immer an einer Stelle hängen. Der Mensch verliert jegliches Vertrauen in sich und seine Umwelt." Zu Zeiten wie Weihnachten wird den Betroffenen dann verstärkt ihre Situation der Einsamkeit bewusst.

Schutzfaktoren

Prim. Dr. David Vyssoki, wie Friedmann Co-Autor, auch medizinischer Leiter des psycho-sozialen Zentrums ESRA, nannte Schutzfaktoren gegen entgleisende Traumafolgen wie "das soziale Netz der Großfamilie, stabile private Beziehungen, gutes Ersatzmilieu nach frühem Mutterverlust oder ein robustes, kontaktfreudiges Temperament." Ist dies nicht der Fall könne es leichter zu posttraumatischen Symptomen kommen. Als besonders belastend wird von den Betroffenen das ständige Wiedererleben des traumatischen Ereignisses gesehen: Albträume, plötzlich aufdrängende Erinnerungen, sog. Flash backs, oder intensives Leidensgefühl nach Konfrontation mit Traumassoziationen. "Unternimmt man nichts dagegen, führt es letztendlich zu einer andauernden Persönlichkeitsveränderung", so Vyssoki.

Behandlung

Was man gegen posttraumatische Belastungsstörungen unternehmen kann, stellte Univ. Doz. Dr. Maria Steinbauer von der psychiatrischen Universitätsklinik in Graz dar: "Schwere psychische Traumata bewirken u.a. eine Erhöhung des Stresshormons, was mit einer veränderten Reagibilität für Angst und Depression in Zusammenhang gebracht werden kann. Hier konnte mit dem Einsatz von Antidepressiva eine 50-prozentige Besserung innerhalb von sechs Monaten nachgewiesen werden." Doch genauso wichtig ist eine Psychotherapie. Die Expertin: "Die Betroffenen müssen lernen, 'ihre Geschichte' zu erzählen. Das können sie anhand von Gesprächen, aber auch Mittels Zeichnungen. Sie müssen ihr Erlebnis akzeptieren und in ihre Biografie einfügen."

Besonders wichtig ist auch die psychologische Erstversorgung, welche die Akutbetreuung Wien schon seit Ende 1999 durchführt. Wesentlichstes Element dieser Betreuung ist das "aktive Zuhören". Die Psychotraumatologie vor Ort hilft eventuelle Spätfolgen zu mindern. (APA)