Karlsruhe - Die wichtigsten Handschriften des
mittelalterlichen Nibelungenlieds sind erstmals in einer gemeinsamen
Ausstellung in Karlsruhe zu sehen. Das Badische Landesmuseum
präsentiert ab Samstag bis zum 14. März das Heldenepos im
Original sowie weitere wertvolle Zeugnisse aus der Stauferzeit um
1200. 53 Leihgeber aus sieben europäischen Ländern stellten dafür 228
Objekte zur Verfügung. Gezeigt werden auch Zeugnisse der
Rezeptionsgeschichte der berühmten Dichtung über Siegfried, Kriemhild
und Hagen.
Wegen der Empfindlichkeit der Manuskripte werde es eine solche
Ausstellung vermutlich nie wieder geben, sagte der Direktor des
Landesmuseums, Harald Siebenmorgen, vor der Eröffnung am Freitag. Im
Mittelpunkt steht die Handschrift C. Sie gilt als die älteste der
erhaltenen Handschriften aus dem 13. Jahrhundert. Die Landesbank
Baden-Württemberg hatte sie 2001 vom Adelshaus Fürstenberg in
Donaueschingen erworben und der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe
übergeben. Die Handschrift A kommt aus der Bayerischen
Staatsbibliothek München; die Handschrift B hat noch nie zuvor für
eine Ausstellung die Klostermauern der Stiftsbibliothek St. Gallen
(Schweiz) verlassen.
Digitalisierung
Nach Angaben von Baden-Württembergs Kunstminister Peter
Frankenberg (CDU) will die UNESCO-Kommission die Handschrift C für
eine Nominierung als Weltkulturerbe vorschlagen. Zur Vorbereitung der
Ausstellung hat die Landesbibliothek die 2400 Strophen erstmals
komplett digitalisiert und ins Internet gestellt. Auf der Webseite werden auch Hörproben des
mittelhochdeutschen Textes angeboten. "Der Ansturm auf unsere
Homepage ist ungeheuer gewesen: bis zu 200 Zugriffe pro Minute",
sagte der Bibliotheksdirektor Peter Michael Ehrle.
Das Nibelungenlied wurde um 1200 von einem unbekannten Dichter
verfasst. Erzählt wird von Siegfrieds Werben um Kriemhild, seiner
Vermählung mit ihr, seiner Ermordung durch Hagen und von Kriemhilds
Rache. Der Erzählstoff stammt aus der Zeit der Völkerwanderung im 5.
Jahrhundert. Er dokumentiert den Untergang der Burgunden am
hunnischen Königshof und wurde über Jahrhunderte hinweg mündlich
überliefert. Zu Beginn der Neuzeit geriet die Dichtung fast in
Vergessenheit - bis die Handschrift C 1755 in Hohenems (Vorarlberg)
wiederentdeckt wurde. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde der Stoff als
Nationalepos für politische Propaganda missbraucht - als Zeugnis
deutscher Nibelungentreue und Heldenhaftigkeit. (APA/dpa)