Ein paar Dutzend Militärplaner werden demnächst in Brüssel eigenständige Militäroperationen der EU austüfteln. Das ist an sich eine kleine Sensation, zeigt aber doch deutlich, wie eng der sicherheits- und damit außenpolitische Spielraum des Wirtschaftsgiganten EU nach wie vor ist: Die Union darf laut der mit der Nato getroffenen Vereinbarung nur dann militärisch autonom aktiv werden, wenn der Nordatlantikpakt kein eigenes Interesse am betreffenden Einsatz hat und die EU selbst auch keine Nato-Ressourcen (etwa Satelliten oder Transportkapazitäten) dafür benutzt.

Das heißt im Klartext: Die EU ist militärisch weiterhin praktisch harmlos. Ein zeitlich begrenzter Einsatz wie im Kongo mag sich so vielleicht ausgehen, ein zweites Bosnien wird die Union aus eigener Kraft mit dieser Konstruktion wieder nicht verhindern können. Das bedeutet zwar nicht notwendigerweise, dass die EU gleich ganz auf die eigenen Strukturen verzichten könnte. Die müssten allerdings - um ein Minimum an Glaubwürdigkeit zu haben - von einer substanziellen Aufrüstung aller europäischen Armeen begleitet werden.

Das gilt natürlich erst recht, wenn man von der eigentlichen Aufgabe der EU-Planungszelle (Konfliktprävention und Krisenintervention) absieht. Im Verhältnis dazu sind die finanziellen Erfordernisse für die in der Verfassung festgelegte Beistandspflicht - soll sie mehr als totes Recht sein - gigantisch.

Das sollten unter anderem auch jene ins Kalkül ziehen, die in Sachen Beistandsverpflichtung derzeit gerne mit einer europäischen Verteidigungsidentität hausieren gehen, mit der neutrale Staaten wie Österreich offenbar kein Problem haben. Verteidigungsexperten rechnen vor, dass ein glaubwürdiger Schutz Europas durch die Nato jedes europäische Land mittelfristig drei Prozent des BIP pro Jahr kosten würde. Übernimmt das auch die EU, wird vieles verdoppelt und damit doppelt so teuer. (DER STANDARD, Printausgabe, 13./14.12.2003)