Wien - Jetzt fehlt eigentlich nur noch Osama Bin Laden: Ein kostbareres Weihnachtsgeschenk als die Festnahme von Saddam Hussein hätte sich George W. Bush kaum wünschen können. Der Oberbefehlshaber des US-Heers kann damit nicht nur einen symbolisch umwerfenden Sieg einstreichen, sondern auch einen, der unter psychologischem Aspekt Balsam auf die Wunden der Nation ist.

Seit Monaten musste sich die US-Armee mit einer gesichtslos-diffusen Schattenarmee herumschlagen - und angesichts der Opfer, die die Untergrundaktionen dieser Armee tagtäglich forderten, wirkten die Erfolgsbehauptungen von Bush, Rumsfeld, Bremer usf. immer schaler und abgedroschener.

Sieger und Verlierer

Mit der Festnahme Saddams lässt sich das Postulat von der erfolgreichen US-Militäraktion im Irak nun mit einem Mal konkret und sinnfällig festmachen. Darüber hinaus haben alle Begleitumstände der Saddam-Verhaftung den Vorteil, dass sie den Archetypen eines kollektiven amerikanischen Denkens und Fühlens entgegen kommen: Bush gegen Saddam, das war ein Kampf zwischen Gut und Böse, ein Kampf zwischen zwei Männern, der mit einer klaren Rollenverteilung von Sieger und Verlierer endet.

Bush hat mit Karl Rove einen Wahlkampfstrategen in seinem Team, der in der Kunst, die Medien für die eigenen Zwecke einzuspannen, bewandert ist wie kaum ein zweiter (Bush in Kampfuniform auf der "Abraham Lincoln", Truthahnessen in Bagdad usw.). Man braucht wenig Fantasie, um sich auszumalen, was er im Präsidentenwahlkampf des kommenden Jahres aus einer solchen Vorgabe machen wird: In Bambiland ist ein Medienfeuerwerk ohnegleichen angesagt.

Selbst wenn sich an der irakischen Widerstandsfront nach der Festnahme Saddams wenig oder gar nichts ändern sollte - die Bilder des gefangenen Diktators wird den Bush-Werbestrategen niemand mehr nehmen können. Daneben wird selbst die Freude des Pentagons und der amerikanischen Geheimdienste verblassen, die mit Saddam, je nachdem, wie kooperativ er sich zeigt, eine überaus wertvolle Erkenntnisquelle gewonnen haben könnten.

Geschrumpfte Chancen

Für die demokratischen Herausforderer von George W. Bush, von Howard Dean über Wesley Clark bis John Kerry, ist die Aufgabe an diesem denkwürdigen Sonntag gewiss nicht leichter geworden. Als guten Patrioten wird ihnen nichts anderes übrig bleiben, als einen Sieg, der vor allem Bush zugute kommt, auch noch mitfeiern zu müssen. Sie werden dies aber im Bewusstsein tun, dass ihre eigenen Erfolgschancen um vieles geschrumpft sind. (Christoph Winder/DER STANDARD, Printausgabe, 15.12.2003)