"Meine Damen und Herren, wir haben ihn." Paul Bremer, Chef der zivilen Übergangsverwaltung im Irak, strahlte, als habe er Saddam Hussein gerade eigenhändig aus seinem Erdloch gezogen. Nach 250 Tagen Jagd hatten US-Truppen mit kurdischer Hilfe den flüchtigen Exdiktator gestellt und ihn in besagtem Loch auf einem Bauernhof nahe der nordirakischen Stadt Tikrit verhaftet.

Für den 62-jährigen Bremer, der seit Mai 2003 den besetzten Irak verwaltet, ist die Festnahme Saddams der bisher größte Erfolg seiner Laufbahn. Deshalb wandte er sich geradezu überschwänglich an das irakische Volk: "Dies ist ein großer Tag in der irakischen Geschichte. Vor Ihnen liegt die Aussicht auf eine souveräne Regierung schon in wenigen Monaten."

Doch gerade bei der Installierung einer neuen Regierung, der Hauptaufgabe Bremers, war der telegene zweifache Familienvater bisher nicht gerade erfolgreich. Diese "schwierigste Aufgabe der Welt", wie Auftraggeber US-Präsident George W. Bush den Job bezeichnet hatte, drohte im täglichen irakischen Chaos unlösbar zu werden.

Besonders der US-Plan der raschen "Irakisierung" des Landes - der Übertragung von Militär- und Verwaltungsaufgaben an Iraker - verbunden mit einer Truppenreduzierung nach mehreren schweren Attentaten erregte Kritik an Washington. Bremer wehrte sich und betonte, bei aller Kritik solle man endlich über die "Ausfälle und Schießereien" hinaussehen und erkennen, "was wirklich zähle: die Freiheit für 25 Millionen von der Tyrannei befreite Iraker".

Doch westliche Diplomaten im Irak stichelten weiter: Bremer verlasse die "bequemen Paläste Saddams nur selten". Die Arbeit des US-Zivilverwalters zeichne sich durch unzureichende Effizienz sowie ein mangelndes Verständnis für die irakische Gesellschaft aus. Der italienische Sonderbotschafter Marco Calamani erklärte sogar, Bremer habe mit seiner Arbeit die "Desillusionierung, Verärgerung und soziale Unruhe geschürt". Mit der Verhaftung Saddams dürfte die Kritik an Bremer nun leiser ausfallen.

Den Job bekam Bremer, weil sich das US-Außenministerium mit dem Verteidigungsministerium über die Vorgangsweise im Irak stritt. Bremer ist ein Mann des Außenministers Colin Powell. Er diente während der letzten 23 Jahre unter sechs Außenministern und war von Afghanistan über Malawi und Oslo bis nach Den Haag an US-Vertretungen in verschiedenen Erdteilen im Einsatz.

Doch weltanschaulich steht der praktizierende Katholik Bremer den neokonservativen Großdenkern im Pentagon um Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und seinem stellvertretenden Minister Paul Wolfowitz nahe. Das machte ihn damals zum idealen Kompromisskandidaten.

(DER STANDARD, Printausgabe, 15.12.2003)