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Fritz kam, wehte und behinderte den Verkehr. Das Tief über der Nordsee ist der Auslöser jener Gewitter und Schneefälle, die am Montag fast im ganzen Land für schwierige Straßenbe- dingungen, wie hier in Niederöster- reich, sorgten.

Foto: APA/Kovar
Wien - Fritz war schuld, wenn Ihnen gestern der Sturm die Kopfbedeckung verweht oder den Schirm verblasen hat. Fritz heißt nämlich jenes Tief über der Nordsee, das die Nordwestströmung verursachte, die im Norden und Osten Österreichs für orkanartigen Wind und Gewitter gesorgt hat.

Mit bis zu 100 Stundenkilometern fegte der Sturm am Montagmorgen über Wien und Niederösterreich, dazu schneite es fast im ganzen Land. Die Folgen waren vielfältig: Staus allerorten, Stromausfälle in Oberösterreich und ein verwehter Autobus in Niederösterreich.

Linienbus verunglückte

Der Linienbus verunglückte gegen 6.30 Uhr auf einer Landesstraße in Göllersdorf (Bezirk Hollabrunn). Eine Windböe soll das Vehikel erfasst haben, auf der schneeglatten Fahrbahn verlor der 62-jährige Lenker die Kontrolle und rutschte von der Straße über eine Böschung in ein angrenzendes Feld. Der Fahrer und seine beiden Kunden kamen mit dem Schrecken davon.

Um diesem Schicksal zu entgehen, rät Roman Michalek, Pressesprecher des ÖAMTC, die Geschwindigkeit in stürmischen Zeiten zu drosseln. "Es kommt immer auf die Windstärke an, aber es kann notwendig sein, das Fahrzeug am Straßenrand zu parken, wenn die Gefahr besteht, dass es unlenkbar wird", erläutert er. Besonders auf der Autobahn muss man beim Überholen von Lkw aufpassen: "Dabei kann es sein, dass man in den Windschatten fährt und dann plötzlich von einer Böe erfasst wird." Auch Gepäck am Dach kann ein Risiko darstellen. Wenn möglich, sollte es im Wagen verstaut werden, geht dies nicht, muss man sich überzeugen, dass es sicher festgezurrt ist.

Schnee und Wind sind dennoch nicht die Freunde des Automobilisten. Zwanzig Kilometer lang war die Blechschlange, die sich am Montagmorgen wegen des widrigen Wetters auf der Südautobahn zwischen Traiskirchen und der Bundeshauptstadt gebildet hatte. Gestaut hat es sich auch auf der Semmeringschnellstraße S6, wo es im Abschnitt Neunkirchen-Gloggnitz in beiden Fahrtrichtungen gescheppert hat. Ebenso gesperrt war die Arlbergschnellstraße (S16) Richtung Feldkirch, hier war ein Lkw verunglückt.

Den meteorologischen Hintergrund für den aktuellen Wind und den Schnee kennt Walter Sobitschka von der Zentralanstalt für Meteorologie auf Hohen Warte in Wien. "Stürme und Gewitter sind für diese Jahreszeit nichts Ungewöhnliches. Bei Nordwest-Wetterlage kommt die Luft von der Nordsee, die derzeit aber noch eine Temperatur von sieben bis neun Grad aufweist. Dadurch ist die Luft unten wärmer als oben, die Schichtung ist labil."

Käufliches Wetter

Der Name dieses Tiefs über der Nordsee ist, wie eingangs erwähnt, Fritz. Vergeben wurde dieser Name vom Institut für Meteorologie an der Freien Universität Berlin (FU). Dort hat man nämlich die Möglichkeit, sich als so genannter Wetterpate Hoch- und Tiefdruckgebiete zu kaufen. Auch Österreicher können sich beteiligen.

199 Euro kostet dabei der Name für ein Tief, das Hoch kommt auf 299 Euro. "Dafür hält es meistens auch länger", erklärt die Pressesprecherin der FU. Verwendet werden dürfen nur Vornamen, wobei pro Jahr etwa sechsmal derselbe Anfangsbuchstabe benötigt wird. Im Jahr 2004 bekommen die Hochdruckgebiete männliche Namen, die Tiefs werden dagegen weiblich sein.

Für sein Geld bekommt man dann nicht nur den Wunschnamen, der in den deutschen Fernsehwettershows möglicherweise erwähnt wird, sondern auch ein Zertifikat mit der wissenschaftlichen Erklärung über die Entstehung des meteorologischen Phänomens mitsamt einer Auflistung etwaiger Schäden sowie einer Wetterkarte. Zusätzlich finden sich die Namen der Wetterpaten auch noch im Internet.

Entstanden ist die Initiative übrigens aus Geldnot: Im Jahr 2002 konnte nach Einsparungen die menschliche Wetterbeobachtung in der Station Berlin-Dahlem nur mehr Vormittags durchgeführt werden. Meteorologiestudenten entwickelten die Idee, mittels Patenschaften für eine neue Finanzquelle zu sorgen, und retteten mit dieser Aktion so die Station. (Michael Möseneder, Der Standard, Printausgabe, 16.12.2003)