Kassel - Der "Kannibale von Rotenburg" kann möglicherweise mit einer milderen Strafe rechnen, als zunächst erwartet. Das Kasseler Landgericht kündigte am Montag an, es ziehe neben einer Verurteilung wegen Mordes auch eine Verurteilung wegen Tötung auf Verlangen in Betracht, wie es die Verteidigung fordert. Darauf stehen höchstens fünf Jahre Haft.

Angeklagt ist Armin Meiwes (42) wegen Mordes zur Befriedigung des Geschlechtstriebes. Dies wird mit lebenslanger Haft bestraft. Außerdem führte das Gericht die neue Möglichkeit einer Verurteilung wegen Totschlags ein.

Zerstückelung der Leiche

Als ein mögliches Mord-Motiv bezeichnete der Vorsitzende Richter nicht nur die Befriedigung des Geschlechtstriebs, sondern auch die anschließende Zerstückelung der Leiche. Meiwes hat gestanden, einen Berliner Ingenieur - angeblich mit dessen Einwilligung - getötet, zerlegt und gegessen zu haben. Zudem räumte er vor Gericht ein, bereits nach weiteren Opfern gesucht zu haben.

Mit seinem Hinweis auf unterschiedliche Verurteilungsmöglichkeiten machte das Gericht frühzeitig deutlich, dass es dem von der Staatsanwaltschaft erhobenen Mordvorwurf gegen den "Kannibalen" möglicherweise nicht folgen wird. Detailliert, aber ohne eindeutiges Ergebnis hatte die Schwurgerichtskammer sich an den vorangegangenen Verhandlungstagen damit befasst, ob Meiwes tatsächlich aus sexueller Lust getötet hat. Der Angeklagte bestreitet dies. Erregt habe ihn nur das Zerlegen des Fleisches. Ein Urteil ist für Ende Jänner geplant.

Interesse für Kannibalismus

Zwei weitere potenzielle Opfer des "Kannibalen" befragte das Gericht am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Beide Männer hatte Meiwes über das Internet kennen gelernt. Wie er begeisterten sie sich zwar auch für Kannibalismus, ließen sich in seiner "Schlachtkammer" untersuchen, aber wollten letztlich nicht getötet werden. Meiwes war dies aber nicht von Anfang an klar; für ihn waren die Männer zunächst potenzielle weitere Opfer, wie sein Anwalt Harald Ermel erklärte.

Ein 34 Jahre alter Koch aus dem Schwarzwald betrat den Gerichtssaal mit Schirmmütze und dunkler Sonnenbrille. Nach Aussagen von Meiwes hatte er zweieinhalb Jahre lang Kontakt zu dem Mann gehabt und ihn fünf Mal getroffen. Im "Schlachtraum" habe er sich mit Öl einreiben und bestimmte Körperpartien markieren lassen. Dann sei ihm jedoch schlecht geworden. Meiwes' Anwalt erklärte dazu anschließend vor der Presse: "Er hat seinen Schlachttrieb nicht ausgenutzt, wenn der andere es nicht gewollt hat." Es wäre für Meiwes ein Leichtes gewesen, den Mann zu töten.(APA/dpa)