TAL R: Lords of Kolbojnik, 2002/2003, Courtesy Victoria Miro Gallery, London

Foto: BAWAG/Courtesy Victoria Miro Gallery, London
...Und in der Tat haben die lustigen Oberflächen seiner Arbeiten für ein breites Publikum leicht Wiedererkennbares zu bieten.


Wien - Seine Kunst, sagt der in Kopenhagen lebende, 1967 geborene TAL R, geht immer vom zeitgenössischen Leben aus: "Ich würde sagen, dass die meisten Arbeiten von Dingen handeln, die ich an allen möglichen Orten gefunden habe, aber jedenfalls nicht in der Kunstwelt" - die ihn trotzdem, oder gerade deswegen oder aus ganz anderen Gründen, so schätzt.

Nach Einzelpräsentationen im Museum Abteiberg in Mönchengladbach und im Horsens Kunstmuseum Dänemark, hat ihn die renommierte Londoner Galerie Victoria Miro für sich entdeckt. Und jetzt auch die Wiener Bawag Foundation. Den zugehörigen Katalog hat TAL R in der Manier der Künstlerbücher gleich selbst gestaltet. Und da er nicht nur Gegenstände aus dem Alltag zitiert, sondern offensichtlich gerne auch Überlegungen aus dem Künstlerleben zur Zitation anbietet, hier gleich ein paar davon: "Bilder zu malen ist eine absolut sinnlose Tätigkeit und in etwa so nützlich wie eine Serviette beim Fechten." Allein, er malt Bilder.

Wenn auch kaum in altmeisterlich reiner Form. Irgendwo ist immer ein anderes Medium dabei: aufgeklebt, per Sieb darunter gedruckt, mit Stoff versehen. "Ich erinnere mich sehr gerne, während ich etwas in der Hand halte", sagt TAL R. Etwa daran: "Identität besteht einfach nur aus Bildern." Etwa solchen, in denen Frauen der Rock gelüftet wird, auf dass man deren Slip erkennen, und, derart informiert, sich dann ein Bild ausmalen kann, vom Darunter.

Wie viele andere auch kombiniert TAL R solche Wirklichkeitsausschnitte mit Autos oder mit einer bemüht auf billig geblitzten Ansicht (s)eines schlecht rasierten Hodensackes. Und nur ein Spaßkünstler wie TAL R kann auch sagen: "Jeden Tag stehe ich auf und denke, dass ich es heute genauso sagen werde, wie es wirklich ist." Und die Wirklichkeit stellt sich dem dänischen Shootingstar dann so dar: "Adam aß den Apfel, und seitdem ist nichts mehr, wie es war. Vielleicht war Adam der erste Weltkulturminister. Er erkannte, dass die Menschen unter den neuen Bedingungen einige Auswege brauchten."

Wer Derartiges gelassen von sich gibt, der muss fast einen Hang zur Textilkunst haben. Und wirklich: TAL R näht Banner und andere lustige Fähnchen. Schön bunt und mit Insekten drauf. Er plündert nicht nur die Kinderwelten, er schaut gelegentlich nach, was die Voyeure so machen, und bedient sich fantasievoll fremder Gewaltfantasien. Das kann dann glatt in die dritte Dimension kippen und äußert sich dort als textiler Quastenflosser auf Podest oder Mothership.

Unter Letzterem muss man sich jetzt zwei an ihren Basen übereinander gestellte Pyramidenstümpfe in Schwarz vorstellen. Und im Hohlraum dazwischen - das Licht. Also eine Neonröhre, weil alles ja recht trashig ausschauen muss, reich an diversen Anspielungen, ein bisschen Sex, ein wenig Clubkultur, ein bisschen Religion, ein bisschen Ironie. Echte Allerweltskunst eben. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.12.2003)