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Ciampi hatte seit dem Regierungsantritt Berlusconis vor zweieinhalb Jahren immer wieder betont, dass das Parlament dafür sorgen müsse, dass allen Parteien gleicher Zugang zum TV-System gewährt werde.

Foto: REUTERS/William Philpott
Rom - Der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi hat ein Mediengesetz zurückgewiesen, das Ministerpräsident Silvio Berlusconi den weiteren Ausbau seines Medienkonzerns ermöglicht hätte. Das Gesetz würde die Informationsfreiheit und den Pluralismus in Italien gefährden, teilte Ciampi am Montagabend mit. Er weigerte sich, das Gesetz zu unterzeichnen und rief das Parlament zu Änderungen auf.

Berlusconi soll nach Angaben aus politischen Kreisen wütend auf die Entscheidung Ciampis reagiert haben. Nach außen gab er sich gelassen. Dies sei "keine Tragödie für die Regierung". "Ich habe die Begründung nicht gelesen, warum der Präsident das Gesetz zurückgewiesen hat", betonte Berlusconi im Gespräch mit italienischen Journalisten am Dienstag. Er habe sich während der ganzen Debatte über die Medienreform vom Parlament fern gehalten.

Ex-Staatsanwalt Di Pietrp forder Verfahren gegen Berlusconi

Der Ex-Staatsanwalt Antonio Di Pietro, der als erster im Jahr 1994 Anti-Korruptionsermittlungen gegen Berlusconi eingeleitet hatte, forderte die Eröffnung eines Verfahrens gegen den Premierminister wegen Verletzung der Verfassungsprinzipien. Es sei unerhört, dass ein Regierungschef die Mitteilungen des Präsidenten über abgelehnte Gesetze nicht lese.

Auch die Opposition setzte Berlusconi unter Druck. Die Linksdemokraten (DS, stärkste Oppositionspartei) drängten den Ministerpräsidenten, die Demission seines Telekommunikationsministers Maurizio Gasparri zu fordern. Gasparri, Spitzenpolitiker der rechten Regierungspartei Alleanza Nazionale, ist der Verfasser der umstrittenen Medienreform, gegen die die Opposition in den vergangenen Wochen auf verschiedene Weise demonstriert hatte.

Ciampis sieht Informationsfreiheit und Pluralismus gefährtdet

Das Gesetz schränke die Pluralität der Medien ein und könne eine vorherrschende Stellung insbesondere auf dem Sektor der Werbung fördern, argumentierte der Präsident. Ciampi kann das Gesetz aber letztlich nicht verhindern. Bei der zweiten Vorlage müsste er es laut Verfassung unterschreiben. Mitglieder der Regierungsparteien kündigten am Dienstag erneute Beratungen im Parlament an.

Die Mehrheit der Mitte-Rechts-Regierung hatte das Gesetz Anfang Dezember gegen massive Proteste der Opposition verabschiedet. Demnach dürfte Berlusconis Konzern Mediaset, der in den Händen seiner Familie ist, von 2009 an auch Zeitungen erwerben. Das vorgelegte Gesetz würde auch eine massive Ausweitung der Fernsehwerbung erlauben.

Zudem würde das Gesetzeswerk ein Urteil des Verfassungsgerichtes außer Kraft setzen, das Berlusconis Fernsehkonzern vorschreibt, bis Ende 2003 seinen dritten Kanal "Rete 4" in einen Satellitensender umzuwandeln. Die Opposition spricht von einer "Lex Berlusconi". Italienische Zeitungen berichteten am Dienstag, möglicherweise werde die Regierung "Rete 4" mit einem Dekret zu Hilfe kommen. Berlusconi hat inzwischen bestätigt, dass seine Regierung sehr wahrscheinlich ein Dekret verabschieden wird, um zu vermeiden, dass einer seiner TV-Kanäle Rete 4 in einen Satellitensender umgewandelt werde. Er bekräftigte, dass rund 1.000 Personen den Arbeitsplatz verlieren könnte, sollte der TV-Kanal per Satellit gesendet werden.

Berlusconi hat neben seinen drei landesweiten privaten Fernsehsendern auch maßgeblichen Einfluss auf die drei Kanäle des staatlichen RAI-Fernsehens. Seine Regierung hat zudem das Ziel, Teile des Staatsfernsehens zu privatisieren.

"Berlusconi hatte keine gute Woche"

Nach dem Scheitern des EU-Verfassungsgipfels unter der Ratspräsidentschaft Berlusconis am Wochenende war es der zweite Rückschlag für den italienischen Regierungschef binnen weniger Tage. "Berlusconi hatte keine gute Woche", sagte Politik-Professor Franco Pavoncello von der John-Cabot-Universität in Rom. Insbesondere mit Blick auf die im Jänner anstehende Klärung strittiger Fragen innerhalb der Mitte-Rechts-Koalition sehen viele die Position Berlusconis geschwächt. (APA/dpa/Reuters/red)