Die internationale Filmindustrie steuert nach
Ansicht des Branchenexperten Marc Weigert auf eine Trendwende zu.
"Die Art und Weise, wie Filme hergestellt werden, ändert sich zur
Zeit vor allem bei den Großproduktionen drastisch", sagte der in Los
Angeles lebende Deutsche mit Verweis auf Kinohits wie "Herr der
Ringe". Der Einsatz von computergestützten visuellen Effekten - bei
denen die Aufnahmen echter Schauspieler in eine virtuelle Landschaft
eingebettet werden - erlaube bessere und kostengünstigere
Produktionen. "Es wird nicht mehr so lange dauern, dann könnte man
auch die Schauspieler durch lebensecht wirkende Figuren aus dem Computer ersetzen", sagte Weigert voraus.
Unabhägnig
Der Filmemacher, dessen Partner Volker Engel für Spezialeffekte
bei Roland Emmerichs "Independance Day" mit einem Hollywood-Oscar
ausgezeichnet wurde, rechnet mit ein bis zwei Jahren. "Dann ist es
technisch machbar, aber noch nicht rentabel". Er ist aber überzeugt,
dass auch dieser Punkt in spätestens fünf bis sechs Jahren erreicht
sein wird. "Dann brauchen wir keinen Schwarzenegger mehr, sondern
basteln uns den Alain Delon des Jahres 2004. Die Zeit der Supergagen
für die Schauspieler wäre dann vorbei. Wir reden noch von
Zukunftsmusik, aber wir sind schon sehr, sehr nahe dran." Als
Konsequenz sagte er den großen Studios wachsende Konkurrenz durch
kleine, unabhängige Unternehmen voraus, die den Mut für Neues haben.
Technikgläubig
Einen Einblick in das heute schon technisch Machbare geben Weigert
und Engel mit dem Erstlingswerk ihrer Firma Uncharted Territory
(Neuland): Der Streifen "Coronado", der im April im deutschsprachigen
Raum anlaufen soll, ist ein in mehreren Ländern spielender
Abenteuerfilm. Bevor überhaupt ein Meter Film abgedreht wurde, war er
im Computer fertig vorbereitet. Etwas roboterhaft übernahmen -
zunächst noch als als Platzhalter - virtuelle Schauspieler die Parts
ihrer menschlichen Kollegen. Der Regisseur konnte so Einstellungen,
Beleuchtung, Kamerawinkel oder Kostüme schon im Vorfeld festlegen,
die Akteure konnten ihre späteren Auftritte vorbereiten. Anschließend
wurde mit den Schauspielern vor einer blauen Leinwand gedreht. Der
Hintergrund wurde später aus dem Computer eingefügt. Auch die
Neuverfilmung der Nibelungen-Sage wird zur Zeit so produziert.
Fake
"Auf einen kurzen Nenner gebracht: die Filmcrew muss nicht mehr
zur Kulisse kommen, sondern die Kulisse kommt per Computer", sagte
Weigert, der stolz unterschrittene Drehzeiten und Produktionskosten
(4,7 Millionen Euro) anführt. Erstes Lob gab es auch: Die Aufnahmen
eines noch in Erprobung befindlichen Kipprotor-Fliegers, der im Film
durch einen Wasserfall schwebt, überzeugten sogar den
Helikopter-Hersteller Bell. Weigert: "Wir hatten einen Anruf von
Bell. Die wollen den Film für ihre Werbung." (APA)