Brüssel - EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat nach dem gescheiterten EU-Verfassungsgipfel Überlegungen zur Schaffung eines "Kerneuropa" von stärker integrationsbereiten Staaten unterstützt. Prodi sagte am Dienstag vor dem Europaparlament in Straßburg, es wäre "verfrüht", bereits jetzt eine vollständige Erwiderung vorzulegen, aber die EU sei nun "zum Nachdenken verpflichtet". Eine "Vorhut von Pionierstaaten", wie von einigen erwogen, könnte als "Ausgangspunkt für eine stärkere und besser integrierte Union dienen"."Bestandteil der europäischen Integration"

"Derartige Lösungen sind traditionell Bestandteil der europäischen Integration", betonte der Kommissionspräsident. "Und diese Lösungen tauchen, wenn wir uns die Geschichte genau anschauen, vor allem in den schwierigsten Momenten auf." Die EU befinde sich nach dem gescheiterten EU-Verfassungsgipfel "in einem dieser dramatischen Momente", sagte Prodi. "Das europäische Integrationsprojekt ist in der vergangenen Woche zum Stillstand gekommen, und wir haben alle eine große Gelegenheit verpasst."

Der EU-Verfassungsentwurf sollte für die Union der Ausgangspunkt für einen Schritt nach vorne sein, sagte Prodi. "Einige Mitgliedstaaten haben ihn jedoch dazu benutzt, um einen Schritt zurück zu machen." Prodi zeigte sich "betrübt und enttäuscht" von dem Scheitern des Brüsseler Verfassungsgipfels vom Wochenende. Die Folgen würden dann nicht dramatisch sein, wenn die EU-Verfassung in der vorgegebenen Richtung weiter verfolgt werde. Prodi forderte den nächsten EU-Gipfel auf, "einen realistischen Zeitplan" für den Beschluss der Verfassung vorlegen. Kritik Der Kommissionspräsident kritisierte scharf die Möglichkeit einzelner Mitgliedstaaten, die EU-Institutionenreform zu blockieren. Eine Lösung könne "nicht aus einer Zusammenziehung von Vetostimmen, sondern aus der Zusammenlegung von Interessen" zu Stande kommen. Die Suche nach einer gemeinsamen Lösung werde nun aber angesichts der Vielzahl von Problemen "sehr schwer" sein, sagte Prodi. (APA)