Im Burgtheater soll bei "Bambiland" ein Höllenlärm in Form einer Musikeinspielung geherrscht haben. Im Foyer wurden auch tatsächlich vorher Ohrstöpsel ausgegeben. Das verwundert überhaupt nicht. Dazu braucht man keinen Schlingensief. Das ist keine "Theaterprovokation" und schon gar nicht "avantgardistisch", sondern lediglich der mäßig originelle Nachvollzug eines allgemeinen Alltagstrends.

In jedem Kino ist heute der Soundtrack so aufgedreht, dass die Plomben locker werden. Private Festivitäten mit Livemusik finden heute unter riesigen Lautsprecherboxen wie von der letzten Stones-Tour statt, die jeden Konversationsversuch niederbrüllen. Professionelle Bands, die eben auch auf privaten Festen aufspielen, sind anscheinend Mitglieder eines geheimen Lärmkartells, das sich verpflichtet hat, nicht unter 120 Dezibel zu spielen. Das gilt auch für eher filigrane Musikrichtungen, die ohne Heavy Metal auskommen sollten.

Der Autor ist Zeuge, dass es bei zwei Geburtstagsfeiern mit gut 200 Gästen einer kubanischen Zupf-und-Rassel-Truppe einerseits und einer Klezmer-Band andererseits gelang, jeweils die ersten drei Tischreihen vor der Bühne zu leeren. Schlingensief hat nur die reale Welt kopiert. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2003)