Antiamerikanismus sei salonfähig, meint der Innsbrucker Politologe Peter Filzmaier. Mit dieser Stimmungslage könnte Jörg Haider kalkuliert haben. Wissenschafterkollege Fritz Plasser sieht hingegen schon das politische Ende Haiders heraufdämmern.

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"Wenn es auch vielleicht nicht die finale Selbstdestruktion war, so war es doch ein weiterer, signifikanter Schritt in Richtung Aus." Das meint der in Innsbruck lehrende Politologe Fritz Plasser im STANDARD-Gespräch zu Haiders jüngsten Aussagen, in denen er u.a. Saddam Hussein und George Bush in einen Topf warf. Haider sei "weit entfernt vom Höhepunkt seiner politischen Karriere". Und der neueste Wirbel habe ihm sicher nicht genutzt.

"Salonfähiger Antiamerikanismus trifft die Stimmungslage sehr gut", meint hingegen sein Wissenschafterkollege Peter Filzmaier. Natürlich sei Haider über das Ziel hinausgeschossen, etwa mit den Aussagen über "Diktaturen" (indem er auch die demokratisch gewählte israelische Regierung in dieser Kategorie sah, Anm. d. Red.). Prinzipiell können sich beide Politologen vorstellen, dass die Amerika-Kritik Haiders als strategisches Kalkül angelegt gewesen sei.

Amerika-Kritiker

Denn: Junge können mit dem positiven Amerikabild aus der Zeit des Marshallplans wenig anfangen, so Filzmaier. Bei ihnen dominiert eher das negative Bild des Weltpolizisten. Und ältere Deutschnationale, ein zweites Haider-Zielpublikum, haben ohnehin kein positiv besetztes Amerikabild." Diese mögliche Strategie sei die eine Sache - dass Haiders Wortwahl ihm "emotional völlig entglitten" sei, natürlich die andere. Plasser spricht von "Grenzaussagen" eines Menschen mit "hochgradig ambivalenter Persönlichkeitsstruktur".

Und was passiert jetzt weiter? Plasser glaubt, dass Haider spätestens am Wahlabend des 7. März auch für seine glühendsten Fans entzaubert ist. Die letzten Umfragen (vor seinem Auftreten Dienstagabend in der "ZiB") zeigten den Kärntner Landeshauptmann weit hinter der SPÖ - rund zehn Prozent. "Nur Fantasten erwarten, dass Haider Nummer eins wird." Seine politische Karriere könnte damit beendet sein, weil er in den Augen seines Kernanhanges versagt hat, während er bis jetzt immer noch eine Kampfabstimmung in einem FP-Parteitag gewinnen würde, wie Plasser glaubt. Nach dem 7. März könne er möglicherweise noch Krach machen, aber in der FPÖ werde er wohl nicht mehr mehrheitsfähig sein.

Trotzdem ist der Kärntner Koalitionspoker für Plasser noch offen: "So ganz einfach ist das für die ÖVP auch nicht, den Herrn Ambrozy zum Landeshauptmann zu machen."

Filzmaier dazu: "Wenn ich bewusst naiv interpretiere, hat sich die ÖVP festgelegt, den SPÖ-Kandidaten Peter Ambrozy zum Landeshauptmann zu wählen." Denn welche andere Konsequenz könne es haben, wenn die Kärntner ÖVP ausschließt, Haider wieder zu wählen? Im Wahlkampf werde das aber Haider vielleicht gar nicht wesentlich schaden, glaubt Filzmaier: "Haider hat immer gern mit dem Image des verfolgten Robin Hood gespielt. Wenn nun alle gegen ihn sind, würde das zu diesem Image passen."

"Für mich ist der Abend dieses Koalitionsverhandlungstages noch nicht ganz da", sagt Plasser: "Das Ganze ist Sache der Kärntner." (Eva Linsinger/Martina Salomon/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.12.2003)