Berlin - Viele hyperaktive Kinder leiden auch noch als Erwachsene unter dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADHS). "Etwa zwei bis vier Prozent der Erwachsenen sind davon betroffen", berichtete Michael Rösler vom Neurozentrum der Universität des Saarlandes in Homburg auf einem Kongress in Berlin. Die Störung sei in allen sozialen Schichten anzutreffen und sehr stark genetisch bedingt. Aber auch eine unflexible und vorwiegend auf Bestrafungen basierende Erziehung im Kindesalter trage zu der Erkrankung bei.

Störungen der Aufmerksamkeit, motorische Überaktivität und Impulsivität gelten nach Angaben des Professors als die drei Hauptsymptome von ADHS. Hinzu kämen bei Erwachsenen noch Desorganisation, emotionale Überreaktion und Störungen der Affektkontrolle. Allerdings lasse sich die Diagnose bei Erwachsenen nicht so leicht stellen wie bei Kindern. Viele der Patienten mieden Situationen, in denen die Symptome häufig hervorgerufen würden, etwa lange Theaterbesuche, Lesen oder Schlangestehen.

Weitere Erkrankungen

Außerdem wird ADHS im Erwachsenenalter laut Rösler häufig von mehreren weiteren Erkrankungen begleitet. So litten rund 20 Prozent der Betroffenen zusätzlich unter so genannten antisozialen Persönlichkeitsstörungen, bis zu 25 Prozent unter Angststörungen, 35 Prozent unter affektiven Störungen und 60 Prozent unter Drogen- oder Alkoholmissbrauch.

Dramatisch sind die Auswirkungen der Krankheit auf das soziale und berufliche Leben, wie der Wissenschaftler berichtet: Hyperaktive Menschen haben in der Regel deutlich niedrigere Schul- und Berufsabschlüsse als gesunde Personen. Sie werden häufiger vom Unterricht ausgeschlossen und sind öfter von Kündigungen und Arbeitsplatzwechseln betroffen. Sie haben ein höheres Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten und ungewollte Schwangerschaften, für Freizeit- und Arbeitsunfälle.

Behandeln lässt sich die Hyperaktivität nach Angaben Röslers auch bei Erwachsenen sehr gut mit Medikamenten und Verhaltenstherapie. (APA/AP)