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Die 20 Meter hohen Weihnachtsdekorationen in Kolumbiens Hauptstadt Bogota können nicht über die schwere humanitäre Krise im Land hinwegtäuschen: Das Land braucht mehr als nur "Weihnachtsfrieden".

Foto: APA/EFE/Rafa Salafranca
Wien - 2,1 Millionen Kolumbianer sind heute Vertriebene im eigenen Land. Etwa fünf Millionen leben außerhalb ihres Heimatlandes, schilderte der österreichische Mitarbeiter des UNO-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR, Martin Gottwald, am Freitag im Gespräch mit der APA die humanitäre Krise Kolumbiens. Der Experte für Flüchtlingsrecht betonte die Wichtigkeit der UNHCR-Initiativen in Südamerika angesichts der dramatischen humanitären Lage und dem blutigen kolumbianischen Bürgerkrieg "für den es nur eine denkbare Lösung gibt: den Frieden".

200.000 Flüchtlinge allein im Jahr 2000

Gottwald hat sich von April 2000 bis Jänner 2003 in Südamerika für kolumbianische Flüchtlinge engagiert. Eine seiner vielen Aufgaben war es, in den Nachbarländern Kolumbiens für faire Asylprozesse und die Flüchtlingsbetreuung zu sorgen. Allein im Jahr 2002 mussten 200.000 Menschen flüchten. Die Mehrheit der Vertriebenen hat nur mit Hilfe des UNHCR überhaupt eine reale Chance auf Asyl, berichtete Gottwald.

Das UNHCR hat, um den Zufluchtsländern (Ecuador, Venezuela, Panama und anderen benachbarten Staaten) die Entscheidung über Asyl zu erleichtern, im Jahr 2002 neue Richtlinien für Regierungen und Flüchtlingsberater zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft von Asylsuchenden aus Kolumbien herausgegeben. Darin wird festgehalten, dass vielen Menschen auf Grund der unsicheren Lage in ganz Kolumbien kein anderer Ausweg bleibt, als Zuflucht in einem anderen Land zu suchen. Die Flüchtlinge wären ohne die Arbeit des Hochkommissariats oft völlig schutzlos der Willkür von Staatsbeamten ausgeliefert, sagte Gottwald. In den meisten Zufluchtsländern ist der Flüchtlingsstatus rechtlich nicht oder nur unzureichend geregelt, so hat etwa Venezuela erst 2001 ein gültiges Asylgesetz beschlossen.

Frauen und Kinder zwischen den Fronten

Kolumbiens Nachbarstaaten Venezuela und Panama nehmen allerdings immer weniger kolumbianische Flüchtlinge auf, während sich ihre Situation in Kolumbien immer mehr verschlechtert. Vor allem Frauen und Kinder - rund 74 Prozent der Vertriebenen - geraten zwischen die Fronten des kolumbianischen Bürgerkriegs. Der Kampf um Macht und das Drogengeschäft ist einer der Hauptgründe für die Flucht und Vertreibung zehntausender Kolumbianer.

In Kolumbien gibt es seit den 1950er Jahren Guerilla-Bewegungen. Im Laufe der 90er Jahre haben diese durch illegale Drogengeschäfte erheblich an Macht und Einfluss gewonnen. Der Kampf zwischen den marxistischen FARC-Guerillas ("Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens") den rechtsextremen AUC-Paramilitärs ("Einheit zur Selbstverteidigung Kolumbiens") und dem staatlichen Militär verschlimmert die Lage der Ärmsten zunehmend. Die paramilitären Gruppen und Guerillas begehen schreckliche Menschrechtsverletzungen, sie operieren im ganzen Land und kontrollieren ein Großteil des Landes. Das Drogengeschäft ist für diese Gruppe die wichtigste Geldeinnahmequelle. So sind ganze Landstriche in Kolumbien große Drogenanbaugebiete und somit umkämpftes Terrain. Kolumbien ist heute der weltweit größte Kokain- und Heroinhersteller.

Die Zivilbevölkerung leidet seit beinahe vier Jahrzehnten unter dem anhaltenden Konflikt, der seit 1985 etwa 200.000 Todesopfer gefordert hat. Nachdem der fragile Friedensprozess Anfang 2002 in sich zusammengebrochen ist, verschlechtert sich die laut UNHCR schwerste humanitäre Krise der westlichen Hemisphäre immer weiter. (APA)