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Gerhard Hirschmann droht die Abberufung als Estag-Vorstand.

APA/GINDL Barbara
Graz - Ein bisher geheim gehaltenes Gutachten zur Estag-Affäre könnte der Causa über angebliche Bilanzmanipulationen, dubiose Firmenverflechtungen und Privilegien eine entscheidende Wende geben.

Das juristische Gutachten, das der ehemalige Estag-Aufsichtsratspräsident Norbert Ertler im Frühsommer in Auftrag gegeben hat, kommt zum Schluss, dass Estag-Vorstand Gerhard Hirschmann mit seiner öffentlich geäußerten Kritik am Unternehmen eine "gravierende Verletzung der Verschwiegenheitspflicht" zu verantworten habe.

Diese sei als "grobe Pflichtverletzung" eines Vorstandsmitgliedes zu werten und ein Grund für "die vorzeitige Auflösung des Anstellungsvertrages".

Das Gutachten der Wiener Anwaltskanzlei KSW (Kunz-Schima-Wallentin), das dem _Standard vorliegt, wurde im Sommer verfasst, aber nie dem Aufsichtsrat der Energie Steiermark AG (Estag) zum Beschluss vorgelegt.

"Politisch nicht gewollt"

Aus Aufsichtsratskreisen ist zu erfahren, dass es "politisch", von Eigentümerseite des Landes Steiermark nicht gewollt war, den ehemaligen ÖVP-Landesrat aus dem Vorstand zu entfernen. Es sei ihm "die Mauer gemacht worden" heißt es.

Gerhard Hirschmann hatte in den letzten sechs Monaten mit einer Reihe von massiven Vorwürfen an sein eigenes Unternehmen ("Privilegienstadl, Bauchladen, Geldverschwendung") für schwere Irritationen in der Estag gesorgt. Dies ausgerechnet in einer Phase, da 24,8 Prozent Landesanteile zur Privatisierung anstehen, für die Konkurrenten wie der Verbund hohes Interesse zeigen.

Ob die Affäre zu einer Wertminderung des Unternehmens geführt hat, wird das Ergebnis der aktienrechtlichen Sonderprüfung zeigen, das Mitte Jänner vorliegen soll.

Aktienrechtliche Kommunikationswege

Das aktuelle Rechtsgutachten des Wiener Anwaltsbüros betrachtet ausschließlich Hirschmanns öffentliche Kommunikation, und dazu heißt es dezidiert, dass Vorstandsmitglieder "über vertrauliche Angaben Stillschweigen zu bewahren und aktienrechtliche Kommunikationswege einhalten müssen".

Bei den "von Hirschmann lancierten Informationen" handle es sich eindeutig um ebendiese "vertrauliche Angaben". Hirschmann habe dabei "klar und massiv gegen die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht" verstoßen. Was den Aufsichtsrat "zur Abberufung Herrn Dr. Hirschmanns gemäß §75 Abs. 4 1. Fall AktG berechtigt". (DER STANDARD Printausgabe, 20.12.2003, Walter Müller)