Zur Erinnerung: Der Verfassungsgerichtshof watschte vor zwei Monaten die schwarz-blaue Regierung für ihre Reform des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger ab: Praktisch der gesamte Umbau sei ein Holler, bis Ende 2004 muss das repariert werden. Ob die derzeitige Führung des Hauptverbandes neu ausgeschrieben werden muss, entscheidet sich auch im Laufe des kommenden Jahres.

Klar, dass in einer derartigen Situation die aktuelle Geschäftsführung den Abschluss einer Teilausschreibung für den elektronischen Krankenscheinersatz schon als "Erfolg" verkauft und von "einem großen Tag für die Sozialversicherung" spricht. Man hat offenbar von den Topleuten der Selbstbeweihräucherung dieses Landes gelernt, die landauf, landab, tagein, tagaus von "der größten" Sowiesoreform "aller Zeiten" schwafeln, während sie einfach nur ihren Job tun sollten, für den sie von der Öffentlichkeit bezahlt werden. Doch Karriereüberlegungen gibt es wohl dort wie da, deswegen muss aus allen berufenen Hälsen "Meilenstein" tönen, weil man es geschafft hat, Ausschreibungsunterlagen - hoffentlich - korrekt zu formulieren.

Wenn alles gut geht, halten wir aber erst 2005 unsere Chipkarten für den Arztbesuch in den Händen. Wenn alles gut gegangen sein wird, und das System funktioniert, darf sich die Hauptverbandsgeschäftsführung öffentlich auf die eigene Schulter klopfen. Derzeit ist der Eindruck aber nicht gut: Der Aufsichtsrat der Chipkartenbetreibergesellschaft fühlt sich politisch gegängelt, unterinformiert und schmeißt alles hin, die Geschäftsführung vergibt Berateraufträge gegen großzügige Honorare, wobei der Öffentlichkeit, die schließlich alles bezahlt, bisher nicht erklärt worden ist, wofür diese Beratung genau gedient haben soll. Aber auch dafür gibt es Vorbilder in der Spitzenpolitik. (DER STANDARD, Printausgabe, 20/21.12.2003)