Rund ein Jahrtausend hatte vergehen müssen, ehe ein selbstständiger Staat der Kroaten neu erstanden war. Die Wiedergeburt 1990/91 erfolgte mit Unterstützung des Westens und in einem blutigen Krieg gegen serbische Truppen und Freischärler, die den Zerfall Jugoslawiens verhindern wollten. Kroatien ist heute bemüht, zugleich mit Bulgarien und Rumänien Mitglied der Europäischen Union zu werden.
Die Einwanderung der Südslawen auf die Balkanhalbinsel erfolgte in kleinen Sippen-und Stammesgruppen und war im 7. Jahrhundert abgeschlossen. Damals begann sich im Gebiet zwischen Istrien, der dalmatinischen Küste und der Save ein kroatisches Volkstum herauszubilden. Der Volksname der Kroaten ist bis heute nicht sicher gedeutet. Eine Annahme ist, dass er iranischen Ursprungs ist und von den Awaren, unter deren Botmäßigkeit viele slawische Stämme standen, für "Grenzwächter" in verschiedenen Randgebieten ihres Reiches verwendet wurde (er kommt in den kirchenslawischen Quellen auch für Stämme in Südpolen, Böhmen und der Lausitz vor).
Der Sprache nach mit den benachbarten Serben eng verwandt, erscheint die Vereinigung dieser Kleinstämme zum Volk der Kroaten um die Mitte des 9. Jahrhundert abgeschlossen: Als sein erster Fürst wird Trpimir (845-864) genannt. Schicksalhaft für die Trennung von Serben und Kroaten wurde, dass diese unter dem Einfluss der noch romanischen Küstenbewohner Dalmatiens und auf Druck der Frankenkaiser römisch-katholisch wurden. Zwar hatten viele kroatische Priester zunächst schon die von Kyrill und Method erfundene Schrift Glagolica (das war eine Vorform der heute von Russen, Serben und Bulgaren verwendeten kyrillischen Schrift) übernommen, doch nach heftigen Konflikten zwischen den Kirchenfürsten des lateinischen Spalato/Split und des slawischen Nin über die Verwendung des Kirchenslawischen in der Messe setzte sich Rom durch.
Im Jahr 924 setzte sich Tomislav (910-928), ein Nachfahre Trpimirs, selbst die Königskrone aufs Haupt (so nimmt man jedenfalls an, denn es gibt keine Zeugnisse dafür, dass ihm diese Würde von Byzanz oder Rom verliehen wurde, allerdings sprach ihn Papst Johann X. in einem Brief als "König der Kroaten" an). Das Slawentum hatte in Tomislavs Regierungszeit durch den Einbruch der Magyaren in Pannonien eine für die europäische Geschichte höchst bedeutsame Teilung erfahren: War vordem der gesamte Raum zwischen Ostsee und Ägäis von slawischen Stämmen bewohnt, so wurden durch die Festsetzung der Ungarn die Südslawen von den West- und Ostslawen getrennt.
Tomislav konnte jedenfalls sein Land, das Slawonien, große Teile Bosniens, Kernkroatien und Teile der dalmatinischen Küste umfasste, erfolgreich gegen magyarische Angriffe verteidigen. Seine politischen Pläne aber hatten noch weitere Ziele. Er baute eine Streitmacht auf, die nach Angaben des byzantinischen Kaisers Konstantin VII. 100.000 Mann Fußvolk, 60.000 Reiter und 180 Kriegsschiffe zählte. Den Byzantinern war Tomislav als Bundesgenosse willkommen, denn sie konnten dadurch Bulgarien in die Zange nehmen. Die Bulgaren ihrerseits hatten die noch nicht in einem Staat geeinten Serben unterworfen, was zur ersten serbischen Massenflucht (wie später vor den Türken) nach Kroatien führte. Der Bündnisvertrag mit Byzanz unterstellte Tomislav die gesamte dalmatinische Küste, also auch die bis dahin formell byzantinischen Hafenstädte Spalato/ Split, Traù/Trogir und Zara/ Zadar sowie die Adria-Inseln. Bis auf das zwischen dem Frankenreich und Venedig geteilte Istrien waren nun alle Kroaten im (später so genannten) "dreieinigen Königreich" Tomislavs vereint.
Die Nachfolger des ersten Königs konnten diese Machtstellung nicht behaupten. Innere Streitigkeiten schwächten die Handlungsfähigkeit des Herrscherhauses. Die romanischen Städte an der Küste suchten Kontakte zu dem aufsteigenden Venedig. Ragusa/Dubrovnik machte sich selbstständig und konnte sich mit Geschick diese Stellung als Stadtrepublik bis in die napoleonische Zeit bewahren. Ein neuerliches Bündnis trug für König Stefan Drzislav (969-997) zunächst wieder Früchte: Byzanz übersandte ihm Krone, Szepter, Reichsapfel und Purpurmantel – die Anerkennung seiner Autorität auch über Dalmatien. Unter diesem König erschien zum ersten Mal eine Vorform des kroatischen Wappens, ein rot-weiß gemustertes Schachbrettmuster. (Es überdauerte das ungarische Königtum, fand sich im großen Habsburgerwappen, aber auch in der Fahne des Ustascha-Staates wieder und schmückt heute, mit einer Wappenkrone der Teilregionen versehen, die Flagge der Republik Kroatien).
Danach aber drohte Kroatien zwischen seinen erstarkenden Nachbarn – Venedig im Westen, Ungarn im Nordosten – zerrieben zu werden. Für Byzanz wurde die Verständigung mit Venedig wichtiger als das Bündnis mit dem durch die Streitigkeiten der Söhne Drzislavs geschwächten Kroatien. Der byzantinische Kaiser Basileos II. erinnerte sich daran, dass Dalmatien ja eigentlich ein byzantinisches "Thema" (so hießen die oströmischen Verwaltungsbezirke) war und übertrug dessen Administration an den Dogen von Venedig, Peter Orseolo. Im Mai des Jahres 1000 fuhr eine venezianische Kriegsflotte vor der dalmatinischen Küste auf, die schwachen kroatischen Kräfte waren rasch zerstreut, Zadar, Trogir und Split wurden venezianisch, mit Ragusa wurde ein Vertrag geschlossen. König Kresimir III. musste Venedig von einem einst vereinbarten Tribut (der ohnehin schon längst nicht mehr gezahlt wurde) befreien, Orseolo als "Herzog Dalmatiens" bestätigen und seinen Sohn als Geisel in die Lagunenstadt schicken.
Das Ringen um Dalmatien war mit dieser Niederlage keineswegs zu Ende. Zvonimir I. (1075-1089), der letzte einheimische König, stieß an die Küste vor und verlegte sogar seine Königsresidenz nach Biograd na moru/Zaravecchia. Zvonimir war mit einer ungarischen Königstochter verheiratet. Er wurde, noch kinderlos, ermordet. Ungarn stellte Erbansprüche, König Ladislaus I., dann Koloman, brachen den Widerstand feindlicher Adelsbünde, beschränkten sich aber in den "pacta conventa" mit dem kroatischen Hochadel auf eine Personalunion und überließen die Verwaltung Kroatiens einem königlichen Stellvertreter, dem "Ban". Fortan nannten sich die ungarischen Herrscher "Von Gottes Gnaden König von Ungarn, Kroatien und Dalmatien" (bei Letzterem, bald in der Hand der Venezianer, blieb es freilich beim Anspruch). (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21. 12. 2003)