
"Sehen und haben wollen allein genügt nicht",
schreibt der Große Vorsitzende des STANDARD-Automobilteils vor, man müsse das Gerät schon gefahren haben. Gut. Einen Ferrari Enzo zum persönlichen Auto des Jahres zu machen wäre ohnehin irgendwie affig gewesen. "Oh, der Herr Redakteur durfte endlich auch einmal Ferrari fahren, und jetzt bedankt er sich schön artig." Nein, danke.

Und überhaupt
ist die Sache ganz anders - vermeintliche Underdogs sind mir prinzipiell sympathischer als großmäulige vermeintliche Stars.

Auf den dritten Platz
fuhr bei mir ein so ein Unterhund vor, ein Auto, das die handytelefonierenden Dicklimousinenfahrer ständig von der Straße drängen wollen und von dem ich dachte, dass der Test mir die nervendsten Tage in diesem Jahr bringen würden: der Daihatsu Cuore.

Das Gegenteil war der Fall.
Das supersolide, superbillige Auto mit Toyota-Technik war ein steter Quell des Spaßes. Außerdem macht der Klang von Dreizylindermotoren sentimental (2CV!).

Auf Platz zwei
kommt ein großes Coupé, der BMW Sechser.

Wegen der Vorfahren
- 3,0 CSL, 635 CSi - und weil der Chefdesigner der Bayern, Chris Bangle, allen Unkenrufe in den oberg'scheiten deutschen Automagazinen zum Trotz sein Ding durchzieht.

Der Sechser
ist eines der wenigen neuen Autos, denen man das 21. Jahrhundert ansieht. Somit zum Sieger: Als ich das Gerät auf Fotos zum ersten Mal gesehen hatte, war die ersten Assoziation: "Barbiemobil mit Turbo. Ist sehr peinlich." Bei einer Cabrio-Ausfahrt nach Italien bemitleidete ich den Kollegen, der mit dem 800-Kilogramm-Zweisitzer ins Friaulische fahren musste.

Dort angekommen,
blitzte aus seinen Augen schon die Begeisterung: "Sooo super! Das lustigste Auto seit langem." Das machte stutzig.

Für die Rückfahrt
wählte ich den Smart als Vehikel und den Seebergsattel als Aufgabe. Der Motor kreischte vor Vergnügen, das Blow-off-Ventil des Turboladers pfiff unanständige Lieder, die braven Einheimischen auf beiden Seiten der Grenze bekreuzigten sich angesichts des Zornbinkerls, das da über die Bergstraße wütete und reservierten gedanklich einen Platz für das Marterl.

Das böse "Barbiemobil"
brannte indessen reihenweise arrogante Biker her. Auf der Autobahn traf ich dann einen anderen Smart Roadster. Der Fahrer grüßte. Lächelnd. Er wusste es auch: "Wir beide haben hier das Auto des Jahres unter dem Popsch." ... meint Leo Szemeliker. (AUTOMOBIL, 19.12.2003)
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