Wien - Die österreichisch-israelischen Beziehungen waren in der Vergangenheit wiederholt stark belastet. Einen vorläufigen Tiefpunkt erreichten sie wegen des Regierungseintritts der FPÖ Anfang 2000. Nachdem Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) Ende Juli nach Jerusalem gereist war, hatte ihr israelischer Amtskollegen Silvan Shalom angekündigt, dass Israel wieder volle Beziehungen herstellen werde. Am Sonntag fasste die israelische Regierung den Beschluss: Der bisherige Geschäftsträger in Wien, Avraham Toledo, soll Botschafter werden. Die offizielle Ernennung könnte bereits in den nächsten Tagen erfolgen.

Eine Chronologie:

1949: De-facto-Anerkennung des 1948 gegründeten Staates Israel durch Österreich. Überführung der Gebeine Theodor Herzls von Wien nach Jerusalem.

1950: Aufnahme konsularischer Beziehungen.

1951/52: Verhandlungen über einen österreichischen Handelskredit in Höhe von 100 Millionen Schilling; Österreich fordert als "Gegenleistung" den Verzicht Israels auf Reparationen. Die israelische Delegation gibt bei der Vertragsunterzeichnung die Erklärung ab, dass alle Forderungen an Österreich getilgt wären. In der UNO-Generalversammlung stimmt Israel für die Beendigung der alliierten Okkupation Österreichs.

1955: Israel erkennt die österreichische Neutralität an.

1956: Israel erhebt sein Generalkonsulat in Wien in den Rang einer Gesandtschaft.

1958: Unterzeichnung eines Handelsvertrages.

1960: Herstellung vollwertiger diplomatischer Beziehungen und Austausch von Botschaftern. Österreich errichtet seine Botschaft in Tel Aviv.

1968 bis 1986: 270.199 Juden aus der Sowjetunion wandern über Wien aus.

28. September 1973: Zwei arabische Terroristen nehmen aus einem Zug mit jüdischen Auswanderern aus der UdSSR vier Geiseln. Bundeskanzler Bruno Kreisky erreicht das unblutige Ende der Geiselnahme mit der Zusage, das Durchgangslager Schönau in Niederösterreich schließen zu lassen, das de facto von der Jewish Agency verwaltet wird. Israels Regierungschefin Golda Meir fordert in Wien ohne Erfolg die Rücknahme dieser Entscheidung.

1974: Kreisky leitet im Auftrag der Sozialistischen Internationale (SI) eine "Fact-Finding-Mission" im Nahen Osten und setzt sich für die Lösung des Palästinenserproblems ein.

1975: Österreich votiert in der UNO-Generalversammlung gegen die "Anti-Zionismus-Resolution" (1991 aufgehoben), die den Zionismus als eine Form von Rassismus und Rassendiskriminierung einstuft.

1977: Nach der Wahlniederlage der israelischen Arbeiterpartei und der Regierungsübernahme der Rechten unter Ministerpräsident Menachem Begin verschärfen sich die verbalen Auseinandersetzungen mit Kreisky. Zwischen 1977 und 1982 finden keine offiziellen Besuche mehr statt.

1980: Österreich erkennt als erster westlicher Staat in Europa die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) unter Yasser Arafat an.

1986: Nach der Wahl Kurt Waldheims zum Bundespräsidenten und der internationalen Debatte über dessen Kriegsvergangenheit stuft Israel seine diplomatische Mission in Wien demonstrativ auf Geschäftsträgerebene herab.

1992: Mit dem Ende von Waldheims Amtszeit und dem Regierungswechsel in Israel (Yitzhak Rabin von der Arbeitspartei wird Premier) tritt eine Entspannung ein. Die israelische Regierung entsendet wieder einen Botschafter nach Wien.

1993: Bundeskanzler Franz Vranitzky (S) legt in einer Rede in der Hebräischen Universität zu Jerusalem ein Bekenntnis zur österreichischen Verantwortung für die Opfer des Nationalsozialismus und deren Nachkommen ab.

1994: Israel-Besuch von Bundespräsident Thomas Klestil.

Februar 2000: Aus Protest gegen den Regierungseintritt von Jörg Haiders FPÖ zieht Israel seinen Botschafter "auf unbestimmte Zeit" aus Wien ab. Die Botschaft wird abermals auf Geschäftsträgerebene herabgestuft. Österreich verzichtet auf Reziprozität und belässt seinen Botschafter in Tel Aviv.

2001: Einigung bei Restitutionsverhandlungen für Opfer des NS-Regimes.

- Die nominelle FPÖ-Chefin Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer reist in ihrer Eigenschaft als Sportministerin nach Israel, um einem Fußball-WM-Qualifikationsspiel beizuwohnen. Das israelische Außenministerium erklärt, Israel könne einen Privatbesuch der Politikerin nicht verhindern, wolle jedoch mit einem solchen nichts zu tun haben. In der Folge besuchen auch Grünen-Chef Alexander Van der Bellen, SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer und Nationalratspräsident Heinz Fischer Israel.

Mai 2002: Kunststaatssekretär Franz Morak (V) wird als erstes Mitglied der VP-FP-Bundesregierung zu einem Arbeitsbesuch nach Israel eingeladen. Das israelische Außenministerium betont, die Visite ändere nichts am Zustand der bilateralen Beziehungen.

Juli 2002: Premier Ariel Sharon erklärt in einem (von Michel Friedman, dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, geführten) TV-Interview mit dem Hessischen Rundfunk, er habe Außenminister Shimon Peres vorgeschlagen, sich um eine "Erneuerung" der Beziehungen zu Österreich zu bemühen.

Juli 2003: Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) vereinbart Ende des Monats in Jerusalem mit ihrem israelischen Amtskollegen Silvan Shalom, dass nach dreieinhalb Jahren wieder ein israelischer Botschafter nach Wien entsandt werden soll.

August 2003: Die israelische Opposition verlangt von der Regierung Auskunft darüber, ob die angekündigte Wiederherstellung vollwertiger diplomatischer Beziehungen zu Wien mit geschäftlichen Kontakten der Familie Sharon in Zusammenhang stehe. In israelischen Medien wird spekuliert, dass Gilad Sharon, der Sohn von Ministerpräsident Ariel Sharon, ein illegales Darlehen eines südafrikanischen Geschäftsmanns über ein Konto in Österreich zurückgezahlt habe.

September 2003: Israels Vizepremier Ehud Olmert bekräftigt bei einem Treffen mit Kunststaatssekretär Franz Morak (V) in Jerusalem, dass die diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Österreich wieder voll hergestellt sind und dass demnächst wieder ein Botschafter nach Wien entsandt werden soll.

19. November 2003: Israels Außenminister Silvan Shalom besucht Wien, nennt aber keinen Namen eines Botschafters.

21. Dezember 2003: Die israelische Regierung bestätigt die Ernennung des bisherigen Geschäftsträgers Avraham Toledo zum Botschafter. Österreich muss nun routinemäßig dem dem Agrement-Ersuchen zustimmen. (APA)