Österreich hat wieder einen israelischen Botschafter. Der bisherige Geschäftsträger wird nach drei Jahren hinaufgestuft - hauptsächlich deshalb, weil die Sharon-Regierung Verbündete innerhalb der EU sucht (auch die Beziehungen zu Berlusconis Italien wurden dramatisch verbessert, bis hin zu einem Israel-Staatsbesuch des reuigen Postfaschisten Gianfranco Fini). Sharon hat die wegen Haider über Österreich verhängte Quarantäne von seinen Vorgängern geerbt. Sie war ihm nie wichtig.

Sharon mag die Europäer verachten, aber er braucht die EU als Financier. Sie soll das palästinensische Rumpfgebilde, das er mit seiner Mauer einzugrenzen und unter einem strikten Sicherheitsregime zu halten gedenkt, wirtschaftlich am Leben erhalten. So wie Sharon das plant - die Mauer trennt noch einmal stattliche Stücke Land (und bis zu 200.000 Palästinenser) vom palästinensischen Territorium ab, der Rest ist im Griff von weiter bestehenden Siedlungen und israelischen Stützpunkten -, können die Palästinenser ohne Dauersubvention von außen nicht überleben. Das Geld der EU soll helfen, sie von jenem Verzweiflungspunkt fern zu halten, an dem es zum ultimativen Gewaltausbruch kommt.

Österreich, oder genauer, die schwarz-blaue Regierung ist durch den israelischen Schritt rehabilitiert. Umgekehrt erwartet sich Sharon, dass Österreich als Staat und im Rahmen der EU nicht allzu harte Kritik an Sharons Plan übt - obwohl dieser Plan auf eine weitere Landnahme palästinensischen Gebietes und auf ein De-facto-Apartheid-Regime hinausläuft.

Was zwei rechte Regierungen in Österreich und Israel aus politischem Kalkül miteinander ausmachen, ist aber nicht verbindlich für Österreicher mit einem intensiveren Interesse an Israel. Die Normalisierung des Verhältnisses ist in Ordnung. Die innere Beziehung vieler Österreicher zu Israel muss aber auf einer anderen Ebene diskutiert werden.

Sie war verschiedenen Wandlungen unterworfen und reicht von begeisterter Unterstützung in den Anfangsjahren des neu gegründeten Staates (leuchtende Augen ehemaliger Waffen-SSler, inzwischen Universitätsprofessoren, als die israelischen Panzer im Sechstagekrieg 1967 "wie Rommel" durch die ägyptische Wüste fegten) über die allmähliche Erkenntnis, dass es auch noch Palästinenser gibt, über den Abscheu vor den heimtückischen Attentaten gegen Zivilisten der palästinensischen "Kämpfer" bis zu der heutigen traurigen Erkenntnis, dass die Situation noch von Extremisten auf beiden Seiten beherrscht wird: Sharon mag (im Unterschied zu den Ultrarechten) den Plan eines Groß-Israel vom Jordan bis zum Meer aufgegeben haben; was er aber noch immer will und was genauso zerstörerisch für Israel selbst wäre, ist eben die Reduktion von fast fünf Millionen Palästinensern auf ein geschrumpftes, von israelischen Siedlungen und Militärposten durchzogenes Palästinostan. Das können die österreichischen Freunde Israels nicht unterstützen.

Auf der anderen Seite mag sich die Mehrheit der Palästinenser mit der Existenz Israels abgefunden haben, aber die Kräfte, die "die Juden ins Meer treiben" oder sie bestenfalls als Minderheit in einer islamistischen Diktatur dulden möchten, sind noch stark genug, um das israelische Sicherheitsbedürfnis zu verstehen. Wie dieses Sicherheitsbedürfnis allerdings in die Tat umgesetzt wird, ist verhängnisvoll für Israel selbst und wird von immer mehr israelischen Militärs abgelehnt. Von hier aus muss die Diskussion weitergehen. hans.rauscher@derStandard.at (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.12.2003)