Der deutsche Verkehrsminister Manfred Stolpe gewährt dem Mautbetreiber Toll Collect eine allerletzte Frist. Bis Ende Jänner muss klar sein, wann es einen gültigen Starttermin für das Lkw-Mautsystem gebe und welche Ausgleichszahlungen das Betreiberkonsortium Toll Collect für die bisher entgangenen Einnahmen leiste.

Das Konsortium habe sich bei den strittigen Themen Starttermin und Ausgleichzahlungen auf den Bund zubewegt, teilte ein Sprecher des Verkehrsministeriums am Wochenende mit. Es müsse aber weitere Zugeständnisse geben. "Das muss nachgebessert werden." Die Möglichkeit einer Kündigung des Vertrags halte man sich weiter offen.

Toll Collect begrüßte die Entscheidung zur Fristverlängerung, erklärte aber, Forderungen nach Schadenersatz von bis zu 156 Millionen Euro monatlich keinesfalls nachzukommen. "Diese Position ist unverrückbar", so ein Sprecher des Konsortiums.

GPS-Technik funktioniert nicht

156 Millionen Euro entgehen dem Bund monatlich an Einnahmen, weil das auf der GPS-Technik basierende System nicht funktioniert. Hinter dem Konsortium stecken die Konzerne Deutsche Telekom und DaimlerChrysler sowie das französische Unternehmen Cofiroute, die den Start eigentlich für Ende August 2003 zugesagt hatten. Die Einführung der neuen Technik erwies sich aber als weitaus schwieriger als gedacht. In Österreich wird dagegen ab Jahresbeginn 2004 das bereits in anderen Ländern praktizierte Mautsystem mittels Mikrowelle angewandt.

Toll Collect stellt nun einen neuen Starttermin in Aussicht. Dieser Termin könne "im dritten Quartal 2004 oder später" liegen. Der Verkehrsminister verlangt aber einen verbindlichen Starttermin. Das Parlament werde keine unklaren Versprechen von Toll Collect mehr akzeptieren, sagte Grünen-Verkehrsexperte Albert Schmidt. "Wir wollen belastbare, verbindliche Zeitpläne. Das heißt Zeitpläne, die bewehrt sind mit milliardenschweren Sanktionen." Die Opposition kritisierte, dass Stolpe die Frist für Toll Collect erneut verlängert hat.

Vergangene Woche hatten Stolpe und der Haushaltsausschuss erklärt, sollte Toll Collect 2003 keinen Zeitplan zur Einführung der Maut vorlegen und sich nicht zu Ausgleichszahlungen verpflichten, werde der Vertrag gekündigt.

Dem Bund fehlen wegen der Verschiebung bereits 620 Millionen Euro Einnahmen. Für 2004 könnte sich die Summe auf zwei Milliarden Euro summieren. Verkehrsprojekte müssen daher gestrichen werden. In Diskussion ist auch, für eine Übergangszeit die bereits abgeschaffte Vignette für Lkw wieder einzuführen, bis das neue System funktioniert. (Alexandra Föderl-Schmid aus Berlin, Der Standard, Printausgabe, 29.12.2003)