STANDARD: Gibt es schon Beispiele für einen Erfolg der neuen EU-Richtlinie über die Entsorgung von Elektronikschrott?

Florenz: Es gibt zum Beispiel schon die ersten Kühlschränke, die nur mit einem einzigen Werkzeug demontiert werden können. Früher brauchte man dafür immerhin sechs oder sieben.

STANDARD: Kann da nicht auch eine Reduktion der Teilezahl helfen?

Florenz: Die Teilezahl und vor allem die Sortenzahl bei den verschiedenen verwendeten Kunststoffen zu verringern ist sehr wichtig. Nicht nur die Trennung wird dadurch leichter. Man bekommt auch nur dadurch größere Mengen einheitliches Rohmaterial für das Recycling. Das ist auch die Forderung der Verwerter. Wir brauchen reinere, leichter rückgewinnbare Stoffe, die wieder ökonomisch in den Kreislauf einfließen können.

STANDARD: Wo sehen Sie derzeit die Defizite bei der Umsetzung der neuen Elektronikschrottrichtlinie?

Florenz: Die Franzosen planen jetzt zum Beispiel, keine individuelle Verantwortung der Hersteller für die Entsorgung von Neugeräten, die jetzt erst auf den Markt kommen, einzuführen, sondern nur eine kollektive. Dabei sichert nur die individuelle Verantwortung der Hersteller, dass es bei den Geräten, die sie bauen, wirklich zu umweltfreundlichen Neuerungen kommt. Wir versprechen uns davon eine größere Innovation und auch einen größeren Lenkungseffekt für später - bei der Entsorgung.

STANDARD: Wie sähe der dann aus?

Florenz: Wir hoffen vor allem auf einen Innovationsschub dahingehend, dass die Einzelteile bei der Entsorgung dann maschinell sortiert und verarbeitet werden können. Die händische Behandlung kann ja kein Mensch bezahlen. Wenn die Hersteller für die Rücknahme verantwortlich sind, dann sind sie stärker motiviert, die Geräte besser zu bauen, und sie werden ihre Produkte besser recyclebar machen.

STANDARD: Wie wirkt sich das auf die Importe aus?

Florenz: Auch die Importe müssen nun sehr streng kontrolliert werden. Die Importeure sind ja ebenfalls verantwortlich für die Entsorgung. Ich bin mir sicher, dass sich auch die Hersteller außerhalb der EU sehr schnell umstellen werden.

STANDARD: Trifft die Richtlinie eigentlich die gesamte Produktionskette?

Florenz: Die Innovation geht durch die ganze Branche. Die Hersteller von Kühlschränken werden die Kompressorenlieferanten zu Innovationen drängen, diese wieder die Gaslieferanten. Die Hersteller werden einen Teil der Zusatzkosten, die durch die Entsorgungspflicht entstehen, auf ihre Zulieferer abwälzen, sie so zu Neuerungen bewegen.

STANDARD: Wie sieht es auf der Seite der Entsorgungsunternehmen aus?

Florenz: Wir haben in Europa zu viele Leute, die sammeln, aber noch zu wenige, die sich um das gesammelte Gut kümmern und neue Märkte suchen, um das Gesammelte in einer ökologischen und ökonomischen Weise zu verwenden. Bei den Recyclern selbst wird es in den nächsten fünf Jahren einen Schub geben. Da wird kein Mensch mehr händisch sortieren, sondern sie werden mit Wasser, mit Wärme, mit Luft, mit neuen Maschinen das Gesammelte auseinander nehmen.

STANDARD: Wie wirkt sich die geplante neue EU-Chemikalienverordnung in diesen Bereichen aus?

Florenz: Die Chemikalienverordnung erschwert hier die Innovation, nicht nur die geplante neue Verordnung, sondern schon das bisherige Recht. Neue Chemikalien sind in den letzten zehn Jahren so gut wie keine mehr zugelassen worden, weil die Zulassung so teuer ist, dass sich das ja auch keiner mehr leisten kann. Die Chemikalienpolitik ist im Bereich Entsorgung für mich kein wirklicher Trendsetter, sondern eher ein Innovationsbremser.

STANDARD: Gibt es solche Innovationsbremsen auch in der Elektronikschrottrichtlinie selbst?

Florenz: Schwierig für die Umstellung bei den Produzenten sind die Verbote von einem halben Dutzend Schwermetallen wie Blei und Kadmium. Aber hier gibt es eine Übergangsfrist. Wir müssen den Unternehmen natürlich Zeit geben, das zu entwickeln, die können das nicht aus dem Ärmel schütteln. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29. 12. 2003)