Der Fall ist verbürgt: Am 21. März 2003 - rund 13 Monate nach Einführung des Euro - gab die für die inneren Finanzen verantwortliche Fachkraft eines 250-Mitarbeiter-Betriebs über ein ehemals 100 Schilling teures Betriebsmittel die Auskunft "Das sind so ungefähr sieben Euro".

Die Gegenseite, jene "Privaten", deren Unsicherheit in Währungsfragen großteils nur ihnen selbst zu schaden vermag, kann es auch: Immer wieder hört man auf die Nennung von Euro-Summen die ironische Frage "Was macht das in echtem Geld?" - eine Anspielung darauf, dass man auch Monopoli mit "Kunstgeld" spielt, und, wie Psychologen meinen, eine innere Abwehr gegen eine neue Währung, die sich den Zahlgewohnheiten widersetzt.

Mag der Euro in der Wirtschaft finanztechnisch zu Höhenflügen angesetzt haben, im Bewusstsein der Österreicherinnen und Österreicher sitzt ihm immer noch der gute alte Schilling auf. Es wird immer noch häufig in die alte Währung umgerechnet, weist eine vom Juli dieses Jahres stammende Studie der Fessel-GfK Sozialforschung aus: 13 Prozent der Menschen rechnen "immer" um, 35 Prozent "häufig", ebenfalls 35 Prozent "gelegentlich" und 13 Prozent "selten". Zwei Prozent der Befragten machten keine Angaben; und nur ein einziges Prozent sagte, es rechne "nie" um.

Auch die komplizierte Umrechnung lässt den Euro nicht rasch beliebt werden, zumal der subjektive Eindruck, der Euro habe sich zum "Teuro" entwickelt, von keiner noch so ausgefeilten Euro-Statistik der Wirtschaftstreibenden zu verscheuchen ist.

Täuschende Statistik

Der hauptsächliche Grund dafür: Produkte, für die man hohe Summen ausgeben muss (zum Beispiel Elektrogeräte) sind teilweise tatsächlich billiger geworden (was allerdings nichts mit dem Euro zu tun hat). Die Statistiken rechnen sie aber mit - und so fällt nicht auf, dass die Alltagsausgaben durchaus gestiegen sind. Dazu gehören bisweilen auch Lebensmittel, das Krügel Bier oder die Melange im Gasthaus oder der Friseurbesuch.

Bei größeren Summen wird umgerechnet. Wird dabei nur der Kopf verwendet, gibt es Probleme, stellte die Arbeitsgruppe Verbraucherforschung vom Institut für Technolo- gie und Warenwirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien fest. Die spontan zu beantwortende Frage "Wie viel sind 800 Euro in Schilling?" (11.008,24) ergab Antworten von 1050 (!) bis 15.200.

Dieselbe Studie bestätigt auch: "Immer wieder wird von Verbrauchern erwähnt, dass etwas, was früher 100 Schilling gekostet hat, nun 10 Euro (137,6 Schilling) kostet", häufig wird dabei die Gastronomie genannt. Dazu stellt Karl Kollmann, einer der Studienautoren, fest, dass es tatsächlich in der Gastronomie Preisaufrundungen gegeben hat, um glatte Euro-Beträge zu erreichen.

Täuschende Münzen

Zu einem gewissen Teil entstehe aber der "Teuro"-Eindruck auch durch die andere Banknoten- und Münzenstruktur. Kollman gibt ein Beispiel: Zahlte man früher eine Heurigenzeche von 75 Schilling mit einem 100-Schilling-Schein, bekam man meist einen Schein (20 Schilling) und eine Münze (5 Schilling) zurück. Bezahlt man heute ungefähr denselben Wert (5,5 Euro) mit einem 10-Euro-Schein, bekommt man nur Münzen (zweimal 2 Euro und einmal 50 Cent) zurück. Nur Münzen zu bekommen macht den Eindruck, weniger zu erhalten, als wenn ein Schein dabei ist.

Es wird also noch einige Zeit brauchen, bis wir den Schilling "vergessen haben", bei der Umstellung von Krone auf Schilling hat es laut Experten sechs Jahre gedauert, bis die alte Währung aus den Köpfen vertrieben war.(DER STANDARD Printausgabe 30.12.2003, Klaus-Peter Schmidt)