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Gerhard Weis

Foto: APA/Gindl
Donnerstag ist es exakt zwei Jahre her, dass der ORF zwei Chefs hatte: Gerhard Weis, bis Oktober 2002 zum Generalintendanten gewählt. Und Monika Lindner, dank neuem ORF-Gesetz von ÖVP und FPÖ und mit den Stimmen von schwarzen und blauen Stiftungsräten ab 1. Jänner 2002 zur neuen Generaldirektorin der Anstalt bestellt.

Auch zwei Jahre danach will Weis, inzwischen Pensionist, dennoch nicht laut über seine Nachfolgerin herziehen. Nur: "Sicher kann man im Management einiges verbessern, aber das sind graduelle, keine substanziellen Gründe für diese Misere. Der substanzielle Grund liegt ganz offenkundig im Missbrauch des ORF durch die Regierung."

"Diskussionsverweigerung"

Rückläufige Seherzahlen der "ZiB" führt Weis vor allem auf "Diskussionsverweigerung" zurück: "Diese Bundesregierung hat kein Interesse an Diskurs und Auseinandersetzung. Da beherrscht man lieber die Medienszene mit den eigenen Aussagen und weicht Diskussionen aus."

Als Beispiel nennt Weis "ZiB 2"-Interviews mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel: "Da gibt es keine Auseinandersetzung und kein Nachfragen, sondern eine Verkündigung. Wenn man jetzt also sagt, der einst kritische ORF-Journalismus ist zu einem Verkündigungsjournalismus verkommen, dann hat das insoweit seine Berechtigung, als Verkündigungsjournalismus ganz offenkundig das Ziel derer ist, die jetzt in der Politik das Sagen haben. Damit wird das Ganze fad und verliert jenen Pfeffer, von dem kritische Information lebt."

"Unscharfes" Programmprofil

Wenig kritischer Journalismus wurde freilich schon dem ORF unter Weis und seinem Vorgänger Gerhard Zeiler vorgeworfen, wenngleich nicht in der Heftigkeit wie unter seiner Nachfolgerin. FP-Klubchef Peter Westenthaler konnte sich etwa live über Telefon in "Betrifft" einschalten. "Kärnten heute" spielte ein vom Pressesprecher produziertes Interview mit Jörg Haider. Unter Zeiler verschwanden kanzlerkritische Sekunden aus einem "ZiB"-Beitrag.

"Unscharf" wurde für Weis seit seinem Abgang das Programmprofil des ORF. Wie für Weis und Zeiler ist die Quote Maßstab, nur nicht mehr ganz so erfolgreich. Den Kurs verteidigt er auch für Lindner: "Es ist unvermeidlich, dass man manchmal übers Ziel schießt. Die Frage ist nur, wie rasch zieht man die Konsequenzen daraus." (fid, APA/DER STANDARD; Printausgabe, 30.12.2003)