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Foto: APA/OCZERET

Vorsicht, Dreharbeiten! Jeder, der zum Neujahrskonzert in den Musikverein geht, weiß: Hier wird zwar (auch) musiziert. Es wird aber vor allem gefilmt und aufgezeichnet und gesendet, was das Zeug hält. Man hat einfach zu akzeptieren, dass sich der Dirigent deswegen nach jeder zweiten Nummer kurz in die Maske begeben muss. Und man erkennt sehr schnell, dass der legendäre Blumenschmuck nicht zuletzt auch Tarnung für die TV-Kameraleute ist. Wer das akzeptiert, wird vielleicht mit einem Kurzauftritt im Fernsehen belohnt: Sieh an, Mama und Papa applaudieren in Reihe 20!

Was aber, wenn Mama und Papa damit nicht zufrieden sind und der lieben Verwandtschaft zu Hause mehr von sich im Goldenen Saal demonstrieren wollen? Bevorzugt japanische Walzerfans bewiesen heuer: In Zeiten der neuen Bild-Handys sind noch ganz andere Formen der globalen Direktübertragung möglich. Mit netten Personenarrangements in der Pause, vielleicht gar vor hinter Blumen versteckten Kameras, gibt man sich nicht mehr zufrieden.

Auch während des Konzerts wurde geknipst und nach Hause gesmst, dass es nur so eine Art hatte. Ob wiederholte Handysignale, die immer wieder den Hörgenuss störten, bedeuteten, dass sich die Verwandten und Bekannten zuhause über die Bilder gefreut haben, war auch in hartnäckiger Recherche nicht zu eruieren. Nach dem "Radetzky-Marsch" (bei dem alle über dem Mitklatschen kurz das Mitschneiden vergaßen), konzentrierten sich die Hobby- und Handyfotografen wieder auf ihre Tätigkeit. Mit Spannung darf man dem Moment entgegensehen, in dem eine raue Reality-Soap "Neujahrskonzert – The Very Private Cut" im Internet zu sehen sein wird.

Sehen wir's positiv: In Zeiten, in denen man bei jedem Rockkonzert und bei jeder großen Kinopremiere nach Aufnahmegeräten gefilzt wird, ist dieser Umgang mit Hobbydokumentaristen ein Akt der Großzügigkeit. (Claus Philipp/DER STANDARD, Printausgabe vom 2.1.2004)