Berlin - Deutschland könnte 2005 im vierten Jahr in Folge gegen den Euro-Stabilitätspakt verstoßen und damit wichtige Zusagen an die EU brechen. Ein Sprecher des Berliner Finanzministeriums räumte ein, dass die Einhaltung der Defizit-Obergrenze 2005 mit dem Reformkompromiss im Vermittlungsausschuss schwieriger geworden sei. Die deutsche Zusage, das Defizit wieder unter die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken, war entscheidend für das Aussetzen des bereits laufenden Strafverfahrens durch die EU.

Die Opposition forderte umgehende Konsequenzen. Der Sprecher von Ressortchef Hans Eichel (SPD) verwies zur Begründung auf die geringer als ursprünglich geplant ausgefallenen Kürzungen etwa bei der Eigenheimzulage und bei der Pendlerpauschale. Die Bundesregierung halte aber an ihrem Ziel zum Abbau des Budgetdefizits unter die Drei-Prozent-Marke unvermindert fest, betonte er. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte unter Berufung auf Berliner Regierungskreise berichtet, die Gefahr eines erneuten Verstoßes gegen den Stabilitätspakt sei "ziemlich groß".

Informationen könnten EU wieder auf den Plan rufen

Die neuen Informationen könnten die EU wieder auf den Plan rufen. Eichel hatte den EU-Finanzministern Ende November zugesagt, dass Deutschland 2005 auf jeden Fall wieder die Stabilitätskriterien einhalten werde. Nur mit diesem Zugeständnis und mit dem Hinweis darauf, dass bis Ende des Jahres ein umfangreiches Sparpaket verabschiedet werde, war es ihm gelungen, rigorose Sparauflagen der EU-Kommission abzuwenden. Das Defizit-Strafverfahren gegen Deutschland wurde gegen den Willen der Kommission vorläufig auf Eis gelegt.

Bis zuletzt ging die Brüsseler Kommission davon aus, dass das Defizit im Jahr 2005 bei 2,7 Prozent des BIP liegen werde. Die Beschlüsse des Vermittlungsausschusses führten jedoch dazu, dass die öffentliche Neuverschuldung im Jahr 2005 um fünf Milliarden Euro höher ausfallen und das staatliche Defizit auf mehr als 2,9 Prozent steigen werde, schrieb die Zeitung.

Des CDU-Haushaltspolitiker Dietrich Austermann forderte ein konsequentes Sparen angesichts verbleibender Risiken im Budget 2004. Für die FDP sprach sich ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Jürgen Koppelin für die Aufnahme der Kriterien des Stabilitätspakts ins Grundgesetz aus. Nur so könne die totale Staatsverschuldung gestoppt werden. Die Bundesregierung wiederum begründet die neuen Probleme damit, dass die unionsregierten Bundesländer im Vermittlungsausschuss aus Bundestag und Bundesrat Sparbeschlüsse gekippt hätten. (APA/dpa)