Wien - Unruhige, oder genauer, höchst beunruhigte Feiertage verbrachte der österreichische Buchhandel. Der Grund: die Ausschreibung der BBG, der Bundesbeschaffungsgesellschaft, für den künftig monopolisierten Bucheinkauf aller staatlichen Institutionen bei nur einem Großbuchhändler - ein Ansinnen, das, wird es verwirklicht, für zahllose Buchhandlungen in ganz Österreich das sichere Aus bedeuten wird. Für besondere Verunsicherung in der Branche aber sorgt der Umstand, dass zwei der Bestbieter auf die BBG-Ausschreibung, die dem Kunden Staat bis zu 16 Prozent Rabatt auf Fachbücher und Fachzeitschriften geboten haben (einen Nachlass also, der kaum mit dem schwer erkämpften Buchpreisbindungsgesetz in Einklang zu bringen ist), ausgerechnet Unternehmen waren, in deren Führungsetagen zwei Mitglieder des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels sitzen. Jenes Branchenverbands also, der den Buchhandel vor solcher Preispiraterie gerade schützen soll.

Manz und Morawa bewarben sich um den staatlichen Großauftrag. Bei Manz fungiert Hauptverbandspräsident Anton C. Hilscher als geschäftsführender Gesellschafter, für Morawa sitzt Gerald Schantin im HV-Präsidium.

Von beiden fühlen sich die Buchhändler nicht länger vertreten, haben sie sich durch die Bewerbung - Morawa erhielt zudem den Zuschlag vonseiten der BBG - den profitablen Großauftrag vor Augen, auf branchengefährdende Weise unsolidarisch mit den von ihnen repräsentierten Sortimentern gezeigt.

Weshalb etwa die Kärntner Buchhändler in offenen Briefen laut über den Rücktritt von Hilscher und Schantin nachdenken. Und die Neuformierung des HV-Präsidiums fordern. Denn noch besteht die Hoffnung, die Ausschreibung der BBG in der bestehenden Form zu verhindern.

Auch die Buch Media, ein Zusammenschluss eigenständiger Sortimenter, der rund zehn Prozent der Branche vertritt, zeigt sich "entsetzt über die Entwicklungen um die BBG-Ausschreibung": "Viele von uns drohen mit dem Austritt aus dem Hauptverband des österreichischen Buchhandels."

"Zu einem Zeitpunkt, wo wir in der Branche alle daran denken sollten, dass die Ladenpreisbindung von einem befristeten Gesetz in ein unbefristetes umgewandelt wird, geben vier Unternehmen ein Angebot ab, das gegen dieses Gesetz verstößt."

Die Konsequenz: "Wir erwarten, dass dieser untragbare Zustand aufgeklärt wird. Aufklärung im Bezug auf die Ausschreibung selber, die vier Buchhändler, die vermutlich gegen das Ladenpreisgesetz verstoßen, und auch Aufklärung, was die Situation des involvierten Präsidenten Anton C. Hilscher und des involvierten Vizepräsidenten Kommerzialrat Gerald Schantin betrifft."

Letztgenannte wollen in der am 8. Jänner stattfindenden Hauptvorstandssitzung die Vertrauensfrage stellen. Dann liegt es an den Vertretern des Buchhandels, ihr Präsidium so zu wählen, dass sie sich in schwierigen Zeiten adäquat vertreten fühlen. Und schwierige Zeiten stehen ihnen angesichts der für ein Gros des traditionellen Buchhandels existenzgefährdenden Bedrohung durch die BBG in den nächsten Jahren bevor. (cia, DER STANDARD, Printausgabe vom 5.1.2004)