Schröder verweist damit auf das Dilemma der Union, die bisher keinen überzeugenden Kandidaten gefunden hat. Sein Kalkül ist aber auch, dass sich die Chancen von CDU-Chefin Angela Merkel, sich als Kanzlerkandidatin für die Wahl 2006 innerparteilich durchzusetzen, verringern, sollte im Schloss Bellevue bereits eine Frau sein. Nach dem Motto: Gleich zwei Frauen in den höchsten Spitzenämtern sind zu viel des Guten. Für Schröder wäre noch vorteilhafter, Merkel selbst würde dem Lockruf einer Kandidatur für das Präsidentenamt erliegen. Denn aus heutiger Sicht wäre Merkel für Schröder die schwierigste Herausforderung. Sie kommt, anders als der Kanzlerkandidat 2002, Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber, im Osten und Norden Deutschlands an, wo die Union die Wahl verloren hat.
Diskurs
Hauptsache Frau
Qualifikation egal - ein Kommentar von Alexandra Föderl-Schmid
Eine Frau soll endlich Bundespräsidentin in Deutschland werden, befindet Bundeskanzler Gerhard Schröder. Deshalb unterbreitet der SPD-Chef CDU/CSU und FDP sein Angebot: Die SPD würde eine von den Oppositionsparteien nominierte Bewerberin unterstützen und auf die Nominierung eines eigenen Kandidaten verzichten. Er fügte noch hinzu: "Die Kandidatin schauen wir uns vorurteilsfrei an." Wie großzügig! Hauptsache Frau, Qualifikation egal. Offenbar werden sonst Kandidatinnen nicht vorurteilsfrei angeschaut. Schröder bestätigt damit die schlimmsten Vorurteile. Er verschweigt auch, dass angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der von der Opposition dominierten Bundesversammlung die SPD gar keinen eigenen Kandidaten durchbringen kann.
Auch in Österreich liebäugelt die ÖVP, wie in den Debatte um die Nominierung von Benita Ferrero-Waldner als Präsidentschaftskandidatin offenkundig wird, mit dem Faktor Frau als Wahlbonus. Wie schon die Quotenregelungen für politische Ämter zeigen, reicht Frausein als Qualifikation aber nicht aus. Auch nicht - oder gerade nicht - für das höchste Amt im Staate.