Kabul/Brüssel - Die Annahme eines Verfassungstextes für Afghanistan durch die Große Ratsversammlung (Loya Jirga) in Kabul ist von UNO-Generalsekretär Kofi Annan als "historische Leistung" gewürdigt worden. Die "Islamische Republik Afghanistan" verfügt über ein starkes Präsidialsystem mit dem Islam als Staatsreligion bei gleichzeitig verbriefter Religionsfreiheit. Ob das neue Grundgesetz allerdings auch außerhalb von Kabul wirksam werden kann, wird angesichts der starken ethnischen Gegensätze bezweifelt.

Karzais Gegner - konservative Islamisten, Führer der ehemaligen Nordallianz und die nichtpaschtunischen Völkerschaften - argumentierten, Afghanistans multiethnische Gesellschaft brauche eine föderalistische Struktur. Sie erwirkten ein Vetorecht des Parlaments bei wichtigen Ernennungen, die Einführung von zwei Vizepräsidenten sowie die Anerkennung der Regionalsprachen als Amtssprachen in jenen Provinzen, in denen diese von einer Mehrheit gesprochen werden. Die Islamisten setzten sich mit ihrer Forderung eines Alkoholverbots durch, konnten aber nicht erreichen, dass die Scharia der zivilen Gesetzgebung übergeordnet wurde.

"Quelle der Hoffnung"

Der UNO-Sondergesandte Lakhdar Brahimi bezeichnete die neue Verfassung "als eine neue Quelle der Hoffnung". US-Präsident George W. Bush erklärte, die Verfassung helfe sicher zu stellen, dass Terroristen in dem Land keinen Unterschlupf mehr finden würden. "Das Dokument ist die Basis für demokratische Institutionen und ein Rahmenwerk für Wahlen im Jahr 2004", hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses.

Bei seinem Amtsantritt im Brüsseler NATO-Hauptquartier sagte Generalsekretär de Hoop Scheffer am Montag, die Hauptaufgabe liege jetzt in Afghanistan. "Die Situation dort ist alles andere als einfach", betonte der frühere niederländische Außenminister. (APA/AFP/AP/dpa)