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Der Parmalat-Skandal zieht immer weitere Kreise. Jetzt werden international renommierte Banken wie die Deutsche Bank in den Strudel hineingezogen.

Foto: EPA/Daniel Dal Zennaro
Rom/Wien - Erstmals seit der Aufdeckung des Bilanzskandals beim italienischen Lebensmittelriesen Parmalat haben die Staatsanwälte in Mailand mit der Vernehmung ausländischer Manager begonnen. Vier Vertreter der Deutschen Bank trafen am Mittwoch mit den Ermittlern in Mailand zusammen. Von der Deutschen Bank wollten die Staatsanwälte erfahren, warum das Geldhaus noch im November seine Beteiligung an der Parmalat-Tochter Parmalat Finanziaria von 2,5 auf 5,1 Prozent verdoppelt hatte, obwohl die Gruppe unter Kontrolle der Unternehmerfamilie Calisto Tanzi bereits an den Rand der Insolvenz geschlittert war.

Vergangene Woche hatte die Deutsche Bank ihren Anteil an dem insolventen italienischen Lebensmittelkonzern auf weniger als 2 Prozent reduziert. Das deutsche Geldhaus bekräftigte seine Bereitschaft, mit den Aufsichtsbehörden kooperieren zu wollen. Der Mailänder Staatsanwalt Francesco Greco kam auch mit einem Anwalt der US-Bank Citigroup zusammen. Ein weiteres Treffen zwischen den Ermittlern und Citigroup-Managern könnte in den nächsten Tagen erfolgen, wie aus Mailänder Justizkreisen verlautete.

Banken

Nach Angaben der Mailänder Tageszeitung "Il Giornale" (Mittwochausgabe) wird um die Rolle von acht Banken bei der Insolvenz des norditalienischen Milch-Multis ermittelt: Neben vier italienischen Geldhäusern - Intesa, San Paolo IMI, Capitalia und Monte Paschi - wurden auch Ermittlungen gegen die spanische Bank Santander Central Hispano, Bank of America, Citigroup und JP Morgan eingeleitet, berichtete die Tageszeitung.

Vor allem die römische Bank Capitalia, die mit 393 Mio. Euro Krediten zu den am stärksten belasteten Gläubigerbanken Parmalats zählt, ist stark unter Druck geraten. Sie soll über den Eintritt des Firmengründers Calisto Tanzi in den Aufsichtsrat des Geldhauses vor einigen Wochen Rechenschaft ablegen. Bei den Aktien dieser Bank an der Mailänder Börse wurden am Mittwoch Kursverluste von über acht Prozent gemeldet. Verluste meldeten auch alle anderen börsennotierten Geldhäuser, die wegen der Parmalat-Affäre in Schwierigkeiten geraten sind.

Tonna unter Druck

Die genannten Banken werden vor allem vom Ex-Finanzchef von Parmalat, Fausto Tonna, belastet, der am Mittwoch zum dritten Tag in Folge über acht Stunden lang in Parma vernommen wurde. Der 65-jährige Tonna gilt als "Drahtzieher" im internationalen Skandal. "Tonna hat auch heute über die Beziehungen zwischen den Banken und Parmalat berichtet", sagte der Rechtsanwalt des Managers, Oreste Dominioni. Er will für seinen Mandaten Hausarrest fordern. Tonna, laut seinem Rechtsanwalt "stark bedrückt", war vor einer Woche verhaftet worden. Indiskretionen über angebliche Schmiergeldzahlungen von Parmalat an italienische Politiker, über die Tonna angeblich berichtet hatte, wollte Dominioni nicht kommentieren.

Schmerzhafte Wertberichtigungen haben indes auch österreichische Kreditgeber des Parmalat-Konzerns zu verdauen: Nach aktuellem Informationsstand der Finanzmarktaufsicht (FMA) in Wien beträgt das aushaftende Kreditobligo der Banken in Österreich in Summe rund 120 Mio. Euro - aufgeteilt auf insgesamt 16 Kreditinstitute im Lande. Nach Informationen aus österreichischen Finanzkreisen soll der größte Brocken davon aber auf die Raiffeisen Zentralbank (RZB) entfallen. Erhoben wird von Seiten der Finanzmarktaufsicht zur Zeit noch das Parmalat-Exposure bei Versicherungen, Kapitalanlagegesellschaften (KAGs) und Pensionskassen (Aktien, Anleihen, Derivate) in Österreich. Es gebe aber "keinerlei Indiz auf außergewöhnliche Positionen", so FMA-Sprecher Klaus Grubelnik.

Bei einer Aufsichtsratssitzung des Fussball-Erstligisten AC Parma, der unter Kontrolle von Parmalat steht, reichte Klubchef Stefano Tanzi, Sohn des Firmengründers Calisto Tanzi seine Demission ein. Auch der komplette Aufsichtsrat des Fußballverbands trat zurück.(APA)