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Der irische Premier, Bertie Ahern, ist über die jüngsten Äußerungen von Kommissionspräsident Romano Prodi verärgert.

Foto: APA/EPA/Haydn West
Die EU-Kommission ist Dienstag zum rituellen Besuch beim neuen Ratsvorsitzenden in Dublin eingetroffen, um die Traktandenliste des nächsten Halbjahres zu vereinbaren. Zuvor allerdings hatte der irische Premier, Bertie Ahern, im Gespräch mit dem irischen Rundfunk RTE keinen Hehl aus seiner Verärgerung über die jüngsten Äußerungen von Kommissionspräsident Romano Prodi gemacht.

Prodi hatte zum Jahresauftakt in der italienischen Zeitung La Repubblica darüber spekuliert, dass eine Kerngruppe von EU-Ländern den Alleingang wagen würden, wenn die Verhandlungen über die EU-Verfassung im Jahre 2004 keinen Durchbruch erzielten. "Seit Jahren wird Prodi nicht müde, über das Europa der zwei Geschwindigkeiten zu reden", sagte Ahern mit unüberhörbarer Ironie, "ich habe ihn ebenso lange daran erinnert, dass ich das keine gute Idee finde, und werde damit auch jetzt nicht aufhören."

Der Gipfel im Dezember sei nicht bloß am Streit über die Gewichtung der Stimmen gescheitert, die Schwierigkeiten lägen tiefer. Ahern äußerte grundsätzliche Zweifel an der italienischen Präsidentschaft. Der Zeitraum, der für die Regierungskonferenz über die neue Verfassung eingeplant war, sei viel zu kurz gewesen. "Ich teilte Silvio Berlusconi zweimal vertraulich meine Meinung mit", so Ahern. Er habe aber nicht den Verdacht erwecken wollen, Irland trachte nach den Lorbeeren eines verspäteten Vertragsabschlusses, und bestand nicht weiter auf seinen Zweifeln.

Der Groll des irischen Premiers über das lose Mundwerk des Kommissionspräsidenten geht indes weiter. Prodi hatte geklagt, Europa könne sich nicht der Geschwindigkeit des langsamsten Waggons anpassen. Ahern zählte sein Pflichtenheft auf: Erweiterung, Zypernproblem, Verhandlungen mit Rumänien, Bulgarien, der Türkei und den westlichen Balkanstaaten. "Wie kann man eine Gemeinschaft, die alle diese Probleme angeht, als Bummelzug beschreiben?"

Der Mann, der jede EU-Reform seinen Wählern verkaufen muss, pries stattdessen das europäische Modell, das ein kollektives Einverständnis zur Grundlage habe. Wer stattdessen die Spaltung suche oder sich mit schnellen Einzeilern profilieren wolle, helfe der Sache keineswegs. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 7.1.2004)