STANDARD: Wie wichtig wäre ein EU-Ratspräsident, der aus einem kleinen Land stammt?
Dalli: Die kleineren Mitgliedsländer in der EU müssen sich untereinander vernetzen, um die Bürokratie zu bekämpfen, aber auch, um den großen Mitgliedsländern die Stirn zu bieten. Sämtliche Initiativen und Richtlinien müssen mit den "Kleinen" abgestimmt werden. Vor diesem Hintergrund wäre bei der EU-Erweiterung ein Kommissionspräsident aus den "Kleinstaaten" von größter Bedeutung.
STANDARD: Sind Sie mit den Maastricht-Regeln einverstanden oder plädieren Sie für eine Aufweichung des Stabilitätspakts?
Dalli: Für unser Land sind die Maastricht-Kriterien von großer Bedeutung. Sie sind das geeignete Mittel, um Druck auf die Haushaltsdisziplin auszuüben. Allerdings sehe ich ein, dass einige EU-Mitglieder kein Harakiri begehen können, nur um den Kriterien gerecht zu werden. Es ist idiotisch, Regeln einhalten zu wollen, nur weil man nicht imstande ist, die Regeln zu brechen.
STANDARD: Sie haben Anfang Dezember ein Budget präsentiert, das vor allem Einnahmenerhöhungen vorsieht und vorerst auf Reformen verzichtet. Wie wollen Sie so Ihre Neuverschuldung bis 2006 von 6,4 Prozent auf unter drei Prozent drücken?
Dalli: Wir beabsichtigen, das Etatdefizit 2004 auf 5,2 Prozent zu senken, um dann schrittweise bis 2006 unter die Drei-Prozent-Schwelle zu gelangen. Vorerst konzentrierten wir die Maßnahmen auf Steuererhöhungen und korrigierten den Mehrwertsteuersatz von 15 auf 18 Prozent. 2004 sind Reformen im Gesundheitswesen geplant.
STANDARD: Befürchten Sie nicht, dass die Steuererhöhungen die Inflation anheizen?
Dalli: Wir haben gegenwärtig eine Teuerungsrate von einem Prozent, diese wird im kommenden Jahr auf 2,3 Prozent mehr als verdoppelt werden. Damit distanzieren wir uns aber nicht vom EU-Schnitt.
STANDARD: Die Wachstumsrate auf Malta war 2003 mit erwartet 0,8 Prozent geringer als die der meisten neuen Beitrittsländer. Wie erklären Sie diese Diskrepanz?
Dalli: Wir haben erst im Frühjahr 2003 Wahlen gehabt und die Entscheidung über die EU-Mitgliedschaft ist bei uns später gefallen als bei den meisten übrigen Kandidaten. Auch aus diesem Grund ist das Budget 2004 vorerst als Übergangshaushalt anzusehen.
STANDARD: Die Opposition kritisiert, dass Sie noch keine Schritte für die dringend nötige Rentenreform gesetzt haben.
Dalli: Wir werden die Rentenreform 2004 verabschieden. Wir warten noch auf das IWF-Gutachten, das als Basis für die geplante Rentenreform gilt. Da unsere Bevölkerung jünger ist als jene Deutschlands oder Österreichs, ist die Reform nicht so dringend wie in diesen Ländern.