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Vergangenen Sonntag war es so weit: die Loya Jirga (Große Ratsversammlung) einigte sich auf eine Verfassung für Afghanistan. Doch es regt sich bereits Widerstand: Delegierte, die mit der Form unzufrieden waren, in der die Verfassung verabschiedet wurde, wollen nun eine neue Partei gründen.

Foto: REUTERS/Ahmad Masood
Kabul - Delegierte der Großen Ratsversammlung (Loya Jirga), die mit der Form der Annahme der neuen afghanischen Verfassung unzufrieden sind, haben die Gründung einer eigenen Partei angekündigt. Ziel sei die Schaffung eines starken Parlaments, sagte der Vertreter der zur so genannten Nordallianz gehörenden Bewegung Jamiat-i-Islami von Ex-Präsident Burhanuddin Rabbani, Abdulhafiz Mansur, am Donnerstag in Kabul. Die neue politische Gruppierung werde einen eigenen Präsidentschaftskandidaten gegen Amtsinhaber Hamid Karzai aufstellen.

"Wenn wir diese Wahlen gewinnen, werden wir zuallererst den Weg für ein starkes Parlament frei machen, und nicht für einen Präsidenten mit diktatorischen Machtbefugnissen", betonte Mansur. Die Parteigründer, die sich als "Flügel des Volkes" bezeichnen, haben nach eigenen Angaben die Unterstützung von 200 der 502 Loya-Jirga-Delegierten. Ob das neue Grundgesetz der "Islamischen Republik Afghanistan", das ein starkes Präsidialsystem mit dem Islam als Staatsreligion bei gleichzeitig verbriefter Religionsfreiheit vorsieht, auch außerhalb Kabuls wirksam werden kann, wird angesichts der starken ethnischen Gegensätze bezweifelt.

Mehrere Delegierte der Loya Jirga, die sich für ein stärkeres Parlament eingesetzt hatten, beklagten, dass ihre Meinung übergangen worden sei. Der Sprecher von Präsident Karzai, Jawed Ludin, schloss nachträgliche jedoch Änderungen aus. Der Delegierte Waqif Hakimi sagte, das Zustandekommen der Verfassung sei nicht rechtmäßig. Eine ursprünglich vorgesehen gewesene Abstimmung hatte nicht stattgefunden. Auf Forderung des Vorsitzenden Sighbatullah Mojadeddi erhoben sich die Delegierten zum Zeichen ihrer Zustimmung von ihren Plätzen. Der Afghanistan-Beauftragte der EU, der Spanier Francesc Vendrell, hatte vergangene Woche seine große Beunruhigung über den Verlauf der Debatten zum Ausdruck gebracht. Er sagte, der Verfassungsgebungsprozess sei intransparent und es fehle der Wille zur Verständigung und zum Konsens.

Karzai hatte seine eigene Zukunft in die Waagschale geworfen, als er seine Kandidatur für die Präsidentschaft davon abhängig machte, dass das Amt nach amerikanischem Vorbild mit weit reichenden Befugnissen ausgestattet werde. Karzais Gegner - konservative Islamisten, Führer der ehemaligen Nordallianz und die nichtpaschtunischen Völkerschaften - argumentierten, Afghanistans multiethnische Gesellschaft brauche eine föderalistische Struktur. Sie erwirkten ein Vetorecht des Parlaments bei wichtigen Ernennungen, die Einführung von zwei Vizepräsidenten sowie die Anerkennung der Regionalsprachen als Amtssprachen in jenen Provinzen, in denen diese von einer Mehrheit gesprochen werden.

USA: Wahltermin im Juni ist fix

Die USA haben Zweifel der UNO an der Realisierbarkeit der für Juni geplanten ersten demokratischen Wahlen in Afghanistan zurückgewiesen. Der US-Botschafter in Kabul, Zalmay Khalilzad, räumte am Donnerstag zwar ein, dass die Wählerregistrierung langsamer voranschreite als vorgesehen. Dennoch sei er nicht der Auffassung, dass die Wahlen nicht im Juni oder später im Sommer stattfinden könnten. Zuvor hatte UNO-Sprecher Manuel de Almeida e Silva in Kabul mitgeteilt, wegen der weiterhin angespannten Sicherheitslage und der geringen Zahl der eingeschriebenen Wähler sei es "beinahe unmöglich", den Wahltermin im Juni einzuhalten.

Die US-Armee gab unterdessen die Bildung eines achten Wiederaufbauteams für Ostafghanistan bekannt. Das in Jalalabad stationierte Truppenkontingent sei für die Provinzen Nangarhar und Laghman zuständig. Am Dienstag war das deutsche Bundeswehr-Wiederaufbauteam in der nordafghanischen Stadt Kunduz formal unter das erweiterte Kommando der NATO gestellt worden. Die übrigen Teams arbeiten in Gardez (Südosten), Kandahar (Süden), Herat (Westen), Bamiyan und Parwan (beide Zentral-Afghanistan) sowie in Mazar-i-Sharif (Norden).

(APA)