ORF-Generaldirektorin Monika Lindner möchte sich künftig bei der Entwicklung neuer TV-Formate verstärkt "einklinken". Sie werde den ORF-Direktoren dies anbieten, sagt sie in einem "News"-Interview. "Ich wünsche mir das, weil ich am Ende des Tages ohnehin die Rechnung zu zahlen habe", so Lindner. "Der Erfolg hat viele Mütter und Väter, nur der Misserfolg ist ein Waisenkind. Und ich habe hier offensichtlich ein Waisenhaus." Insgesamt aber "ist unsere Performance nicht schlecht", betont die ORF-Chefin.

Rückgänge der ORF-Marktanteile im Informationsbereich würden "gerne hochgespielt", sagt sie weiter. Es gebe eben immer mehr Konkurrenz, die Marktanteilsrückgänge machten sich "seit 1998" bemerkbar. "Der wirklich eklatante Marktanteilsverlust war im zweiten Halbjahr 2003. Da haben wir vier Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr verloren." Lindner verweist aber auf das Jahrhunderthochwasser 2002 sowie die Neuwahlen.

"Realistischer" Tagesmarktanteil von 48 Prozent angepeilt

Für die Zukunft gelte: "Der Tagesmarktanteil liegt realistisch bei 48 Prozent. Dort müssen wir uns einpendeln." Im Jahr 2002 lag der ORF-Marktanteil bei 47,7 Prozent. Die Quotenbilanz für 2003 wurde noch nicht veröffentlicht. Ein "Horrorszenario" wären indes für Lindner deutsche Verhältnisse: "In Deutschland kommen die Öffentlich-Rechtlichen nur auf 30 Prozent."

Neuer ORF-KV intern nicht optimal kommuniziert

Nicht optimal kommuniziert wurde nach Lindners Einschätzung den ORF-Mitarbeitern der neue Kollektivvertrag, mit dem nunmehr über 1.200 freie Mitarbeiter angestellt wurden - einige hundert aber auch das Unternehmen verlassen mussten. "Da war ich zu euphorisch, weil ich nicht bedacht habe, dass eine Anstellung von manchen Mitarbeitern nicht so hoch bewertet wird wie von mir", so die ORF-Generalin. "Ich habe geglaubt, dass die Mitarbeiter die Hüte in die Luft werfen, jetzt sind sie enttäuscht. Und ich stehe da wie eine Zwangsbeglückerin. Das ist desillusionierend."

"Überhaupt kein Problem" hat Lindner damit, "wenn österreichisches Publikum einen österreichischen Privatsender konsumiert", betont sie. "Mir ist lieber, die Kirche bleibt im Dorf und das Werbegeld im Land." Der Konkurrent ATVplus biete manchmal "Filme an, die ich mir gerne anschauen würde", doch es gebe auch "Sendungen, die mir nicht gefallen". Nachsatz: "Ich vermute aber stark, dass ich nicht das Zielpublikum bin." (APA)