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Foto: APA/ >EPA/FRANK PERRY
Für Seemannsbräute, die in fernen Hafenstädten auf Matrosen und deren Heuer lauern, ist Ronald W. Warwick eine optische Verschwendung: Zwar sieht der 63-jährige Kapitän des Luxusliners "Queen Mary 2" aus, als sei den Besetzungsleuten der "Traumschiff"-TV-Serie ein Glückstreffer gelungen, aber da ist noch Kim Warwick.

Das ist Ronalds Ehefrau, mit der er zwei erwachsene Kinder (einen Sohn, eine Tochter) hat, und Kim ist auf allen seinen Fahrten dabei. "Sie lasse ich niemals allein", beteuert der Weißbärtige mit den tiefblauen Augen – wer sollte da noch an der bestimmten Seriosität zweifeln, die es zur Führung von rund 1200 Besatzungsmitgliedern braucht?

Sein Weg zum derzeit prominentesten Kapitän der britischen Seefahrt klingt wie eine nautische Rosamunde-Pilcher-Geschichte: Am 16. September 1940 in London als Sohn des schon arrivierten Kapitäns William E. Warwick geboren (die britische Hauptstadt stand gerade im schwersten Bombenhagel durch Nazideutschland), Ausbildungsbeginn mit 15 Jahren als Kadett, in den Sechzigerjahren bereits Erster Offizier auf einem Frachtschiff.

1968 erhielt er sein Kapitänspatent, ein Jahr später übernahm sein Vater als Kapitän die Brücke der "Queen Elizabeth 2" – Und genau diese "Queen Elizabeth 2" bekam Sohn Ronald im Juli 1990 als Kapitän. Zu dieser Zeit kannte er das Schiff schon bestens, 1982 diente er als Erster Offizier auf dem Luxusliner, der für den Falklandkrieg rekrutiert worden war.

Doch Kriegshandlungen waren nicht die einzigen Gefahren, die Warwick auf diesem Schiff kennen lernte. Unter Nautikern bekannt ist die Geschichte von der Riesenwelle (mindestens 30 Meter hoch), die der "Queen Elizabeth 2" die Deckaufbauten von Bord spülte. Kapitän Warwick erzählt davon nicht aus Angeberei, sondern weil er Verdächtigungen entgegnen will, solche Riesenwellen seien nur Seemannsgarn.

Zum Steuern der mit höchster technischer Raffinesse ausgestatteten "Queen Mary 2" brauchte aber auch er mehr als seine praktischen Erfahrungen. An einer Simulationsanlage in Miami übte er die elektronisch gesteuerten Manöver des neuen Ozeanliners, seinen eigenen Aussagen nach begeisterte ihn diese Technik. Dennoch, die Liebe zum Schiff klang beim Kommentar nach der ersten realen Probefahrt durch: "Heute kann ich nur sagen, die "Queen Mary 2" ist besser als jeder Simulator. Ehrlich gesagt, das hatte ich ja auch gehofft."

Weil aber auch jede noch so ruhmreiche Seefahrerkarriere nicht ewig dauert, befassen sich die Zukunftspläne des noblen Seebären mit dem Leben einer Landratte: Er will sein altes Landhaus im englischen Somerset fertig restaurieren und mehr Zeit für die Familie finden. (Klaus-Peter Schmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 9.1.2004)