Michael Ogris, neuer Chef der Medienbehörde KommAustria, will nicht nur bei Privatsendern darauf achten, dass sie die Werbegrenzen einhalten. Dem ORF drohen zudem beim Sendebetrieb Auflagen, sagte Ogris Harald Fidler.

STANDARD: Sie betonen Kontinuität zu ihrem Vorgänger Hans-Peter Lehofer. Der sagte: Man kann den Markt nicht stärken, wenn man den ORF nicht schwächt.

Ogris: Das sehe ich wie er. Deshalb sollte auch ein und dieselbe Behörde die Einhaltung der Werbebestimmungen in ORF und private Programmen kontrollieren. Die KommAustria ist hier bisher nur für die Privaten zuständig - und damit den kleineren Teil des elektronischen Werbemarktes. Ich sehe keine Rechtfertigung dafür. Ich spreche nur von Werbung, nicht vom öffentlich-rechtlichen Auftrag.

STANDARD: Apropos: In Deutschland prüft eine unabhängige Kommission, ob höhere Rundfunkgebühren gerechtfertigt sind. Die ORF-Spitze braucht sie sich nur vom eigenen Aufsichtsrat wünschen. Ein Betätigungsfeld für die KommAustria?

Ogris: Halte ich nicht für unbedingt notwendig. Das ist allerdings letztlich eine politische Entscheidung.

STANDARD: Demnächst werden Sie eine Radiolizenz für Baden vergeben. Einige Bewerber wollen damit Wien abdecken.

Ogris: Eine Wiener Frequenz im Schleichweg wird es jedenfalls nicht geben.

STANDARD: Wenn wir schon in Wien sind: Bis Jahresmitte soll hier puls city tv starten. Die Lizenz bekam eine Gesellschaft von größeren Plakat- und Medienunternehmen, nun gehört sie ein paar Privatpersonen. Entspricht das der geforderten wirtschaftlichen Tragfähigkeit, die Sie stets einfordern?

Ogris: Im Moment haben wir keinen Grund zu glauben, dass es nicht funktioniert. Das wird sich weisen, wenn sie auf Sendung gehen.

STANDARD: Anfangs mit nur noch "mehr als einer Stunde" Programm täglich. Im Konzept stand ganz anderes.

Ogris: So lange es nicht auf Sendung ist, kann man über Änderungen des Programms nichts sagen. Ist ein Regulärbetrieb von 24 Stunden zugelassen und es gibt nur eine oder zwei Stunden, wird das nicht der Zulassung entsprechen. Wir schauen uns das an.

STANDARD: Demnächst analysieren Sie den terrestrischen Sendebetrieb in Österreich. Dass es da einen Monopolisten namens ORF gibt, wissen wir schon vorher. Was kommt nach der Erkenntnis?

Ogris: Wenn es ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gibt, dann können wir Auflagen erteilen: getrennte Buchführung zwischen Sende- und Programmbetrieb, Gleichbehandlung, Transparenz über Preise . . .

STANDARD: Mir klingt das nach Vorarbeiten zur Ausgliederung des ORF-Sendebetriebs zu einem unabhängigen Betreiber, etwa mit der Umstellung auf digitales Fernsehen.

Ogris: Nicht unbedingt. Das können ganz unabhängige Punkte sein. Wir setzen damit EU-Richtlinien um. Die zielen nicht unbedingt darauf ab, den ORF zu enteignen.

STANDARD: Noch einmal zurück zu Lehofer, der auch meinte, die KommAustria möge in Zukunft verstärkt auf den Wettbewerb achten, zum Beispiel, dass der mächtige ORF nicht alle Sportrechte wegkauft.

Ogris: Wir können vermutete Verstöße schon bei den Wettbewerbsbehörden anzeigen und haben das auch getan.

STANDARD: Zum Beispiel das "Vereinbarungskartell" (Lehofer), dass RTL auf ein Programmfenster für Österreich verzichtet und der ORF dafür RTL-Produktionen um gut 38 Millionen Euro mitfinanziert. Kaum war die Behörde informiert, wurden dem Vernehmen nach die Verträge geändert.

Lehofer nannte die Beteiligungsbeschränkungen an Radio und TV einen klassischen Fall von Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.

Ogris: Die Bestimmungen könnten strenger sein. Aber man muss auch fragen, ob man wirtschaftlich tragfähigen Rundfunk schaffen kann, wenn man hier viel strenger agiert.

STANDARD: Beschränkungen für mächtige Blätter im Privat-TV sind über Tochter- oder Enkelfirmen leicht zu umgehen.

Ogris: Man muss sich fragen: Ist das eine Umgehung und würde die Bestimmung sinnentleeren? Dann würden wir tätig werden. Durchgerechnet 25 Prozent sind aber etwas anderes als eine hundertprozentige Tochter.

STANDARD: Sind die Beteiligungsbeschränkungen nicht ziemlich wirkungslos?

Ogris: Sie erwarten von mir dazu keine Antwort, oder?

(DER STANDARD; Printausgabe, 10./11.1.2004)