Einmal hätte es eine Lady ja mit etwas Generosität gerade noch als Freudsche Fehlleistung durchgehen lassen können. Aber gleich zweimal vom Bundespräsidenten mit "Benito, äh Benita" als Außenministerin angelobt zu werden, ließ auch der hartnäckigsten Lächlerin des Landes das freundliche Gesicht stocken. Sie wahrte Contenance und vergaß, was ihr der Vater, ein Dentist, als Kind aufgetragen hatte: "Lass dir von den Buben nichts gefallen."

Die Gelegenheit könnte jetzt gekommen sein. Denn Benita Ferrero-Waldner (55) will dem bisherigen Chef in der Hofburg, Thomas Klestil, nachfolgen, mit dem (und dessen Frau Margot Klestil-Löffler) sie eine angespannte, nur durch diplomatische Selbstkontrolle mühsam in Schach gehaltene "Beziehung" verbindet.

Vor neun Jahren erreichte die Diplomatin und promovierte Juristin, die in der Privatwirtschaft begonnen hat, in New York ein Anruf "from Austria". Ihr Mentor Wolfgang Schüssel, damals Außenminister, holte die gebürtige Salzburgerin, die nach diplomatischen Stationen (1984 bis 1994) in Madrid, Dakar und Paris als Protokollchefin bei der UNO arbeitete, als sein "alter ego" und Staatssekretärin ins Außenamt zurück.

Im Februar 2000 rückte Ferrero-Waldner als erste Frau in diesem Amt zur Ressortchefin auf. Die erste Bewährungsprobe, die EU-Sanktionen, versuchte die Sprachgewandte (Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch) mit Verve wegzulächeln. Galt ihre politische Performance auf dem glatten Parkett des Protokolls als trittsicher, kam sie auf protokollarisch ungesichertem Terrain in Krisensituationen immer wieder ins Schlingern und fiel durch erhöhte Fettnäpfchenfrequenz auf - etwa rund um die Volxstheaterkarawane beim Gipfel in Genua oder in der Neutralitätsfrage.

Von Jörg Haider, über den die liberale Konservative mit Hang zu bunten Schneiderkostümen einmal meinte, sie werde nie in einer Regierung mit ihm sitzen, musste sie sich "schwankendes Rohr" nennen und "Wallfahrten im Drei-Wetter-Taft in die falschen Länder" vorhalten lassen. Was sie, die Disziplin als wichtige Eigenschaft nennt, nicht hinderte, im Hinblick auf mögliche FP-Wähler, bei einem rustikalen Frühstück auf einer Kärntner Alm ihre Aufwartung bei Haider zu machen.

Eine kleine, potenzielle Fehlerquelle in ihrer Biografie radierte die opernbegeisterte Präsidentenanwärterin recht verschwiegen vor Weihnachten aus: Sie ließ ihre erste Ehe annullieren, auf dass der ihr seit 1993 standesamtlich angetraute spanische Literaturprofessor Francisco Ferrero Campos auch "vor Gott" als rechtmäßiger Gespons firmieren könne. Nebeneffekt: Die Chance auf eine präsidiale Audienz beim Papst ist geschaffen. Im Gegensatz zu Klestil, dem blieb sie als Geschiedenem verwehrt. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 10./11.1.2004)