Nanopartikel, Millionstelmillimeter kleine Teilchen zur Herstellung nanotechnologischer Bausteine für Computerchips und andere technologische Gerätschaften, könnten ein noch ungeahntes Gesundheitsrisiko darstellen: Die Minipartikel wandern nämlich einer amerikanischen Studie zufolge ins Gehirn - wenn sie eingeatmet werden. Die brisanten Ergebnisse der Untersuchungen wurden am Wochenende im Online-Channel des britischen Wissenschaftjournals Nature publiziert.

Ein Forscherteam um Günter Oberdörster von der University of Rochester in New York verwendete für ihre Studie Carbon-Partikel. Labormäuse mussten die Kohlenstoffteilchen mit nur 35 Nanometern Durchmesser - das entspricht in etwa der Dicke eines menschlichen Haares, das rund 2000-mal gespalten wurde - dann sieben Tage lang einatmen. Schon am ersten Tag nach Inhalation entdeckten die Wissenschafter Nanopartikel im Gehirn der Mäuse. Die Konzentration der Carbon-Teilchen nahm mit der Dauer des Experiments zu.

Aufgrund der Lokalisation der Nanopartikel im Riechzentrum folgerten die Forscher: Die Partikel wandern über die olfaktorischen Nervenzellen, also über jene Fasern, die Gerüche transportieren, ins Gehirn. Das Problem dabei sei, dass die Effekte der Teilchen auf das Gehirn und eine mögliche giftige Wirkung bisher noch unbekannt sind. Die Partikel werden derzeit zur Herstellung von nanogroßen Computerschaltkreisen, so genannten Carbon-Nanotubes, weltweit hergestellt.

Für Ken Donaldson, Toxikologe an der britischen University of Edinburgh, sind die Ergebnisse jedenfalls alarmierend. Aufgrund bisheriger Untersuchungen verstärke sich laufend der Verdacht, dass Nanopartikel wie etwa jene, die mit dem Dieselruß von Kraftfahrzeugen ausgestoßen werden, bestimmte Körperregionen schädigen, insbesondere zu Atem- und Herzkreislaufproblem führen. Nanopartikel stehen unter Verdacht, zu einer chronischen Entzündung der Lungen zu führen.

Laut Donaldson schnaufen Menschen in Großstädten bis zu 25 Millionen dieser Nanopartikel mit jedem einzelnen Atemzug ein. Die neue Studie gäbe nun Anlass zur Sorge, dass die Partikel auch im Gehirn zu - wenigstens - chronischen Entzündungen mit noch ungeahnten Folgen für das menschliche Denkorgan führen könnten. (Andreas Feiertag/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. 1. 2004)