Rom/Genf - Italienische und internationale Zeitungen
beschäftigen sich am heutigen Mittwoch das Urteil, mit dem das
italienische Verfassungsgericht ein Gesetz außer Kraft gesetzt hat,
das Prozesse gegen Ministerpräsident Silvio Berlusconi verhinderte.
Die römische Tageszeitung "La Repubblica" fordert, dass sich
Berluconi nun endlich dem Gesetz unterwerfen müsse. Die "Berner
Zeitung" fragt, ob der italienische Premier nun gar mit Gefängnis
rechnen müsse.
"La Repubblica":
"Die Wahlen, die er rechtmäßig gewonnen hat, geben ihm das Recht
zu regieren, aber sie befreien ihn nicht vom Respekt für das Gesetz
und die Regeln. (...) Der "Cavaliere" (Silvio Berlusconi) wird
versucht sein, die Regeln noch einmal zu kippen, im Namen eines
Mandats der Bevölkerung, das er als absolut interpretiert. Das ist
ein Weg, um sich selbst zu zerstören, indem man die Institutionen
zerstört. Der einzige Weg für Berlusconi, seine Desaster zu überleben
ist jedoch entgegengesetzt: Die Abweichung von der Norm abzubauen,
indem er sich endlich dem Gesetz unterwirft".
"Berner Zeitung":
"Muss Silvio Berlusconi nach dem Urteil des Verfassungsgerichts
mit einer Verurteilung, gar mit Gefängnis rechnen? Nein, das Duell
zwischen der Justiz und dem Regierungschef in Italien ist durch den
Entzug der Immunität nicht zu Ende, er läutet nur eine neue, wohl
noch erbitterterte Runde in diesem Machtkampf ein. (...) Unmittelbare
Gefahr aber droht Berlusconi innerhalb der Regierung. In der
Koalition gärt es. Gianfranco Fini fordert ultimativ eine
Kabinettsumbildung, und Umberto Bossi droht offen mit
Regierungsbruch. Noch versucht Berlusconi zu vermitteln und zu
verhandeln - immer öfter aber fühlt er sich umgeben von Verrätern und
als Opfer abenteuerlicher Verschwörungstheorien. In jenen Momenten
mag sich Berlusconi auf seiner Yacht vor Sardinien mitunter so
vorkommen wie der Kapitän auf der "Titanic"". (APA)