Foto: Buchscan
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Von Anne Katrin Feßler

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Sind es die bunten Dirndln, die Berge, der See oder womöglich der zentral ins Bild gerückte Bierbauch im Unterleiberl? Oder soll hier gar ein Klischee das andere brechen? Legt sich der weiße Baumwollripp etwa mit den traditionellen Trachtenstoffen an? Oder liegt der Bruch im Detail? Rebellieren am Holzbankerl im Hintergrund gar vier leere Coca-Colaflaschen gegen die Altausseer Volksfest-Idylle?

Unerwartete Perspektiven

Solch unerwartete Perspektiven auf das klischee-durchfurchte Österreich wirft der Künstler Robert Fleischanderl im Fotoband "Guschlbauer weiche Kokosbusserl".

Der fotografische Kommentar zu österreichischen Ansichten, wie es auch im Untertitel heißt, könnte auch "Tu felix austria" heißen, obwohl er nicht nur glückliche Augenblicke in der "Alpenrepublik zeigt.

Fleischanderl setzt bei den Klischees von den verschneiten Bergen, den blühenden Almen, von Mozart-Kugeln, Lipizzanern und Tirolerhüten an und kontrastiert sie mit seinem persönlichen und kritischen Blick auf das Österreich jenseits der Tourismus-Werbung.

Liebe zum Klischee

Das Klischee birgt neben den Wahrheiten, aber immer auch eine Liebesgeschichte. Die Liebe etwas zu betrachten, das nur auf einen Ausschnitt der Wirklichkeit reduziert ist. "Eine Wahrheit muss nicht geliebt werden, um eine zu sein - das Klischee aber schon. Es gibt kein Klischee das nicht eine affektive Massenbasis hat. Es sind Liebende, die ein Phänomen erst zum Klischee machen.", schreibt Robert Menasse, der im Vorwort zu Fleischanderls Buch Gestalt und Charakter des Klischees wunderbar umreißt.

Bilder einer trist-düsteren Bergromantik und ihrer BewohnerInnen kontrastieren mit der Aufgeräumtheit städtischer und kleinstädtischer Siedlungen, deren Behausungen der Stolz ihrer Satellitenschüssel-Kronen umweht.

Alltägliche Absurditäten

Fleischanderl, 1967 in Tirol geboren, hat den Blick für die Absurditäten im Alltag, wenn er den Versicherer-Slogan "Ihre Sorgen möchten wir haben" vor der grauen Tristesse eines Wiener Wohnblocks entdeckt und ablichtet.

Die Ursache des Schauderns liegt oft im Detail. "Wir sehen, wenn wir nur das Ortsschild "Mauthausen" sehen, ein Konzentrationslager, aber die Wahrheit ist auch, dass Mauthausen heute ein Kaff ist, dessen größte Attraktion ein zweifellos grindiges Lokal mit "Oben Ohne Service" ist," bemerkt Menasse.

Mitunter entlarvend sind Fleischanderls Einblicke: "Hoch der 1. Mai". Na dann, Prost!

Nicht zimperlich

Aber auch im Umgang mit Wien ist der Fotograf nicht zimperlich. Der idyllische k.-u.-k.-Lack der Touristen-anlockenden Kulturmetropole fängt unter seinem Kameraauge gewaltig zu bröckeln an.

Auch der zwiespältige Umgang der Österreicher mit dem Fremden und rassistische Ressentiments werden in seinen fotografischen Gegenüberstellungen spürbar: Am Naschmarkt ist die Welt noch heil, da wird das "Fremde" zum herzeigbaren Multi-Kulti-Modell. Fährt man jedoch in die Donaustadt (oder verlässt Wiens Zentrum in andere Himmelsrichtungen) findet Frust und Groll seltsame Ausformungen.

Aber selbst wenn Fleischanderls Bilder menschenleer sind, umschreibt er das Wesen der Wiener treffsicher. Machen Sie Platz in ihrem Bücherregal für ein weiteres Buch über Österreich: Zwischen "B" wie Thomas Bernhard und "P" wie Hugo Portisch. (kafe)