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Die 30-jährige Stephanie Graf freut sich auf ihr neues Leben.

Foto: APA/ Niedringhaus
Wien - Überraschend hat am Mittwoch 800-m-Läuferin Stephanie Graf ihren Rücktritt vom aktiven Sport erklärt. Die Olympia-Silbermedaillengewinnerin von Sydney, die sich momentan zum Training in Südafrika aufhält, erklärte gegenüber der Austria Presse Agentur, dass sie für die Olympischen Spiele in Athen keine Steigerung mehr erwartet. "Nur noch 70 Prozent von mir wollten laufen. Ich konnte mich nicht mehr so quälen, wie es erforderlich wäre, um eine Olympiamedaille zu gewinnen. Ich freue mich auf mein neues Leben."

"Lieber hingelegt und geschlafen"

Graf gab ihre Entscheidung am Mittwochabend per mail vom Account ihres Freundes Niki Zitny bekannt und bestätigte wenige Minuten später gegenüber der APA per Telefon den Inhalt: "Ja, es stimmt. Ich wusste, ich muss mich entscheiden. Es war zuletzt oft so, dass ich mich anstatt zu trainieren, lieber hingelegt und geschlafen hätte. Ich hatte am 23. Dezember auch eine Diskussion mit meiner Mama während eines Dauerlaufs, da wollte ich nur noch zu 70 Prozent." Mit diesem Einsatz hätte sie für die Olympischen Spiele in Athen keine Steigerung erwarten können, und weniger als das bereits gewonnene Olympia-Silber wären auch keine Steigerung gewesen.

"Fast ein Vierteljahr mit dem Gedanken gequält"

Graf fasste den Entschluss wohl überlegt, hat in den vergangenen Wochen mit ihrer Mutter Rita Graf und ihrem Trainer Helmut Stechemesser darüber gesprochen: "Für euch mag es wie ein Blitz aus heiterem Himmel scheinen, doch fast ein Vierteljahr habe ich mich mit diesem Gedanken gequält und habe in vielen Stunden Rat bei meinem Mentaltrainer gesucht. Die letzten Wochen waren sehr harte, trainingsintensive Wochen, und ich bin mit wenig Lust ins Dezembertrainingslager gefahren", schreibt die Völkermarkterin in ihrem mail. Zwar habe sie ihr Trainingspartner Hillary wieder mitreißen können, aber zu Hause sei der Gedanke "aufzuhören" wieder voll da gewesen. "Weihnachten genießen, alles worauf ich Lust habe essen dürfen, lange schlafen, Ski fahren und mich nicht zwei Mal täglich mit Hügellaufen oder Ähnlichem quälen müssen."

"Wundervolle Karriere"

Bei der Frage eines Journalisten nach ihren Zielen für 2004 sei sie total zerrissen gewesen: "Mir wurde mit dieser Frage klar, dass ich eigentlich nicht an den Erfolg bei den Spielen glaube." Graf kann mit Stolz auf ihre Karriere zurück blicken: "Ich habe eine wundervolle Karriere hinter mir, sieben Medaillen, einen 'fast' Hallenweltrekord, auf den ich sehr stolz bin, eine schwere Operation, die gut ausging. Ich habe mich mit all meiner Kraft und Sturheit zurückgekämpft, etwas geschaffen was fast unmöglich schien, bin mit einer Silbermedaille belohnt worden, die sehr, sehr viel zählt. Die schönste Medaille, um aufzuhören."

Neues Leben, neue Aufgaben

Europas Leichtathletin des Jahres 2001, die 243 Tage nach einer Tumoroperation ihr Comeback mit einer Silbermedaille bei der Hallen-WM im März 2003 in Birmingham gekrönt hat, bezeichnet diese Phase als entscheidende in ihrem Leben: "Der Tumor und die Angst in jener Zeit vor der Operation haben mein Wesen sicher verändert, ich habe mein Leben umgekrempelt, andere Werte als wichtig erkannt, es gibt viele schöne Dinge im Leben, nicht nur den Erfolg im Leistungssport, und ich freue mich auf mein 'neues' Leben und auf 'neue' Aufgaben."

"Der erste Urlaub meines Lebens"

Die 30-Jährige will nun noch ein paar Tage in Südafrika bleiben. "Das wird der erste Urlaub meines Lebens." Zukunftspläne hat sie "viele. Ich weiß aber noch nicht, was ich machen werde. Ich werde das langsam angehen. Ich habe zwei, drei super Angebote." Dem österreichischen Leichtathletik-Verband will sie "mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ich hoffe, dass wir in einer anderen Form gemeinsam den begonnenen Aufwärtsweg gehen."

Stephanie Graf denkt aber auch an die Gründung einer Familie: "Meine Mama freut sich darauf, dass sie einmal Oma wird. Und ich mich auch darauf, einmal Mutter zu werden." (APA)