Wir alle sind Abhängige in irgendeiner Form, auch die besonders Tüchtigen unter uns. Wir wollen noch was und das macht uns manchmal ein wenig unfrei. Darum lasst uns hier und heute jemanden feiern, der das nicht muss - genauer, der mit olympischer Ruhe sagt, dass er das nicht muss. Lasst uns Paul O'Neill feiern. Wer Paul O'Neill ist? Nun, er ist 68 Jahre alt und Amerikaner. Er war ziemlich lange Chef des Aluminium-Giganten Alcoa und wurde dann von George W. Bush zum US-Finanzminister bestellt, aber nach zwei Jahren gefeuert. Jetzt gibt er Interviews, in denen er als Insider zwei Dinge bestätigt, die man so irgendwie schon vermutet hatte.

Erstens, dass Bush nicht der größte Intellektuelle aller Zeiten ist und dass er schon vor dem Amtsantritt den Irakkrieg plante. Daraufhin fuhr die Charaktervernichtungsmaschine der Bushies auf. Aber Paul O'Neill kümmert das nicht: "Ich bin ein alter Mann und ich bin reich. Es gibt nichts, was sie mir antun können."

Er konnte sagen, was ihm, einem Konservativen, an dem rechten Klüngel, der jetzt an der Macht ist, nicht gefiel. Wir gedenken kurz des alten und reichen Paul O'Neill, ehe wir uns wieder der Welt unserer Abhängigkeiten zuwenden. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.1.2004)