New York - Trotz anhaltender und wachsender internationaler Ungleichgewichte prognostizieren die Wirtschaftsexperten der Vereinten Nationen für 2004 eine weltweite Erholung, die fast alle wichtigen Wirtschaftsräume erfasst.

Den größten Beitrag zum globalen Wachstum würden niedrige Zinsen und fiskalische Impulse in den USA leisten. Eine weitere Stütze sei der rapide Aufstieg Chinas zur bedeutenden Exportmacht und zu einem der wichtigsten Absatzmärkte, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht mit dem Titel "Die Weltwirtschaftliche Lage und Aussichten für 2004".

3,5 Prozent weltweites Wachstum

Dank dieser Wachstumseinflüsse erwarten die Experten am East River im neuen Jahr eine Beschleunigung des Wachstums um 3,5 Prozent nach schätzungsweise 2,5 Prozent Zuwachs im zurückliegenden Jahr und 1,7 Prozent in 2002. Der Welthandel werde um 7,5 Prozent wachsen im Vergleich zu 4,7 Prozent in 2003 und 3 Prozent im Jahr zuvor. Für die USA sagen die UNO-Experten vier Prozent Wachstum voraus nach schätzungsweise drei Prozent in 2003.

Die Wirtschaftsleistung Japans wird laut UNO wie schon 2003 um 2,5 Prozent wachsen, die der Europäischen Union um 2,25 (0,9) Prozent. Für den Raum Ostasien insgesamt prognostizieren die Fachleute 6,25 (5,3) Prozent Wachstum, für China wie im Jahr zuvor 8,5 Prozent. In Osteuropa und dem Baltikum wird mit vier (3,3) Prozent Zuwachs gerechnet und auch in Südasien und Westasien, das den Mittleren Osten einschließt, boomt die Konjunktur: In Südasien sei mit sechs (5,9) Prozent Zuwachs zu rechnen und in Westasien mit vier (2,6) Prozent.

Für den Wirtschaftsraum Lateinamerika und Karibik gehen die Experten von 3,5 (1,4) Prozent Wachstum aus. Selbst in Afrika geht es aufwärts: Um fünf Prozent soll dort die Wirtschaftsleistung zunehmen nach etwa 3,8 Prozent in 2003. Etwas langsamer geht es laut Bericht in Russland und den früheren Sowjetrepubliken voran: 5,25 Plus in diesem Jahr nach 6,5 Prozent im Jahr zuvor.

Risikofaktor Arbeitsmarkt

Ein Risikofaktor ist nach Einschätzung des Berichts der Arbeitsmarkt. In fast allen Volkswirtschaften seien Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung in den letzten Jahren im Ansteigen begriffen. "Da die Erholung weiter von niedrigen Zinsen und fiskalischen Anreizen abhängt, sollten Wirtschaftspolitiker dafür sorgen, dass der Erholungsprozess und die Notwendigkeit der Beschaffung von Arbeitsplätzen nicht verfrüht durch den Abbruch (fiskalischer) Anreize oder Zinserhöhungen abgewürgt wird", sagte Untergeneralsekretär für wirtschaftliche Angelegenheiten, José Antonio Ocampo, bei einer Pressekonferenz.

Bedrohungen für den Aufschwung stellten ferner internationale Ungleichgewichte dar, vor allem das riesige Defizit in der US-Handelsbilanz und entsprechende Überschüsse in etlichen anderen Ländern. Die Beseitigung dieser Ungleichgewichte werde mit tief greifenden Begleiterscheinungen für die künftige Stabilität und Effizienz der Weltwirtschaft verbunden sein, warnt der Bericht.

Diese globalen Ungleichgewichte reflektierten nicht nur erhebliche Gleichgewichtsstörungen des Welthandels und internationaler Kapitalbewegungen, sondern Länder überschreitende Unterschiede des langfristigen Wachstums und wirtschaftlicher Strukturen. Der globale Aufschwung könne das Problem deswegen nicht automatisch beseitigen; die Uno-Experten gehen im Gegenteil davon aus, dass die Ungleichgewichte in 2004 zunehmen werden.

Strukturelle Differenzen abbauen

Allein das Realignment der Wechselkurse oder Protektionismus sind im Urteil der UNO-Experten keine wirksamen Maßnahmen. Die Fachleute optieren stattdessen für wirtschaftliche Maßnahmen sowohl in den Überschuss- als auch den Defizitländern, die dazu führen, dass strukturelle Differenzen der Wachstumsraten zwischen den wichtigsten Ländern schrittweise abgebaut werden.

Sie setzen sich weiter für ein größeres Maß an internationaler Kooperation ein, um Wachstum und Einkommen in den Entwicklungsländern zu fördern. Darüber hinaus sollten Wirtschaftspolitiker Reformen der Welthandels- und-Finanzsysteme beschleunigen. In diesem Zusammenhang schlagen sie vor, dass die in Doha vereinbarten multinationalen Welthandelsgespräche umgehend fortgesetzt, die Kapazitäten zur Krisenbewältigung ausgebaut und antizyklische Maßnahmen sowohl auf internationaler wie auf nationaler Ebene ergriffen werden. (APA)