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Paraderäuber Hotzenplotz. In Wien hat er derzeit besonders viele Nachahmer. Bereits sieben von zehn Straftaten sind Vermögens- delikte.

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Diebstahl, Einbruch und Raub - bereits sieben von zehn Straftaten in Wien sind Vermögensdelikte. Versicherungen verzeichnen einen eklatanten Anstieg bei der Auszahlung von Schadenssummen. Die Polizei verstärkt nun den zivilen Streifendienst auf der Straße.
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Wien - Könnte sich der Räuber Hotzenplotz aussuchen, wo er auf Beutezug geht, würde er sich derzeit wohl für Wien entscheiden. Dass es hier viel mehr zu holen gibt als nur die großmütterliche Kaffeemühle, beweisen die 204.550 strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen, die im Vorjahr in der Bundeshauptstadt registriert wurden. Bei ihren Gegenmaßnahmen nimmt die Polizei durchaus Anleihen bei Kasperl und Seppel aus dem Kinderbuch von Otfried Preußler: Uniformierte Beamte verkleiden sich (als Zivilisten), um unerkannt Tätern auf die Spur zu kommen.

Die Masse schafft das Problem

Der Wiener Polizeipräsident Peter Stiedl sprach Donnerstag bei der Präsentation der aktuellen Zahlen von einer "völlig neuen Situation": Vor allem Diebstahl, Einbruch und Raub machen in Wien bereits mehr als 70 Prozent aller Anzeigen (Gesamtzahl: 258.929) aus. Es handle sich zwar meist um geringfügige Delikte, "aber die Masse schafft das Problem". Insgesamt wurden im Vergleich zu 2002 um 22,4 Prozent mehr strafbare Handlungen bekannt. Die Aufklärungsrate ist leicht von 26,8 auf 27,3 Prozent gestiegen.

Einfaches Delikt - schwere Tätersuche

Die Erklärung für die niedrige Aufklärungsrate scheint paradox: Je einfacher das Delikt, desto schwieriger ist es, Täter dingfest zu machen. "Einen Taschen- oder Trickdieb kann man nur auf frischer Tat ertappen", so Stiedl. Was wiederum zur Personalfrage führt. Ob er mehr Polizisten brauche? "Immer", meint der Polizeipräsident. Nachschub soll im Mai kommen, wenn die Zollwache wegen der EU-Erweiterung aufgelöst wird und 1000 Beamte vom Finanz- ins Innenministerium wechseln.

51 Millionen Euro

Die seit drei Jahren ständig steigende Zahl von Vermögensdelikten wirkt sich auch in der Versicherungswirtschaft aus. Bereits 2002 mussten heimische Versicherer für Einbruchs- und Diebstahlsfälle 51 Millionen Euro auszahlen, das entsprach einer Steigerung von 13,4 Prozent im Vergleich zu 2001. Zahlen aus dem Vorjahr liegen noch nicht vor, doch erste Trendberechnungen lassen auf ein neuerliches Ansteigen um ein Fünftel schließen. Der durchschnittliche Aufwand je Einzelfall ist laut Verband der Versicherungsunternehmer seit dem Jahr 1977 von 600 Euro auf nunmehr 2000 Euro gestiegen.

Verdoppelung von Bankrauben Der größte Teil aller Diebstähle geht laut Statistik auf das Konto ausländischer Tätergruppen, vor allem aus Bulgarien und Rumänien. Sie werden auch für die Verdoppelung von Bankrauben verantwortlich gemacht. Die so genannte "Messerbande" narrt die Polizei seit einigen Monaten. Die Männer, die stets mindestens zu viert Geldinstitute und auch anwesende Kunden ausrauben, sind nach Hotzenplotzschem Vorbild mit langen Messern bewaffnet. Von einer Pfefferpistole ist bis dato nichts bekannt. (Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe 16.1.2004)