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Es herrscht Krieg: Wirtschafts- und Währungskrieg. Da scheinen alle Mittel recht zu sein: ein Programm zur Marseroberung, zum Beispiel. Fünf Mrd. Dollar in fünf Jahren sollen zusätzlich dafür ausgegeben werden, wenn Bushs Wille geschieht.

Kritiker sprechen von bewusster Ablenkung von Binnenproblemen: schließlich sei Bushs Wahl nicht auf den Alternativvorschlag eines Programms zur Behebung der Armut in den USA gefallen. Denn im Wirtschaftskrieg zählt die Stärkung der eigenen Industrie - diesmal der Aerospace-Industrie. Dass die US-Währung aufgrund der Zinsunterschiede zum Euroland und dem doppelten (Leistungsbilanz- und Budget) Defizit in den Keller geht, ist allen recht. Um 56 Prozent ist seit Oktober 2000 der Euro relativ zum Dollar gestiegen. Die Exporte - bislang durch die hohen Wachstumsraten in USA angekurbelt - fangen an, dies zu spüren: Berechnungen zufolge wird eine weitere Kurserhöhung um zehn Prozent die deutschen Exporte um 3,5 Prozent mindern.

Je abrupter, desto gefährlicher, denn so schnell können die Unternehmen nicht gegensteuern. Dafür geht es US-Unternehmen gut: deren Margen werden aufgrund stabiler Europreise immer fetter. Der Höhenflug des Euros entfacht eine alte Diskussion: Haben wir unsere Wettbewerbsfähigkeit noch selbst in der Hand? Zunehmend wird die Firmenfitness von Faktoren außerhalb des eigenen Einflussbereiches beeinflusst, Finanzierungskosten unterliegen den Launen der Börse und die - globalen - Faktorkosten den Wechselkursspekulationen. Unternehmen werden sich vergeblich weiter abmühen, wenn uns nicht langfristig drei Veränderungen gelingen:

"Glokal" werden:Wer sich von oszillierenden Wechselkursen unabhängig machen will, muss die Wertschöpfung in die Absatzmärkte verlagern oder eine ausgeglichene Ex- und Import-Bilanz aufstellen. In Österreich ist dies gegenüber den USA mit etwa gleich hohen Ein- und Ausfuhren von sechs Prozent gelungen. Schering erzielt ein Drittel seines Umsatzes und 30 Prozent seiner Kosten in US-Dollar; Produktionsanlagen - wie die vom neuen VW Golf - gehen nach Mexiko und US-Akquisitionen - wie die von Dial durch Henkel - sind jetzt hoch im Kurs.

Flexibilität ausbauen: Sportartikelhersteller wie Adidas haben es erfolgreich vorgemacht und die Automobilindustrie hat es aufgegriffen - ganze Wertschöpfungsstufen werden auf Partner verlagert und dadurch Freiheitsgrade gewonnen; der Eigenfertigungsanteil wird von 35 Prozent auf nur noch 23 Prozent in zehn Jahren sinken. Die Anpassungsfähigkeit zu erleichtern sollte eine hohe Priorität der - europäischen - Politik sein. Hoher Verwaltungsaufwand und Kosten bei Betriebsverlagerungen helfen nicht.

Die Initiative zurückgewinnen: Die US-Ambitionen und Intentionen sind klar - Europa ist in der Defensive. Angefangen mit der EZB ist es jetzt an der Zeit klare (Zinssenkungs-)Signale zu setzen und damit die Bedingungen für Exporte und vor allem Binnenwachstum zu verbessern. Auch wenn die Marsmission belächelt und deren Sinnhaftigkeit mit der "fliegender Ming-Vasen" verglichen wird, so muss man sich fragen, welche konzertierten Aktionen Europa (dagegen) setzt. Wollen wir im ständigen Wettbewerb um die Konkurrenzfähigkeit nicht den Anschluss verlieren, so müssen wir kompromisslos flexibilisieren, ohne dabei zu destabilisieren, in Bildung und Innovation investieren und die Entwicklung unserer gemeinsamen Währung aktiv gestalten.

Ob und wann uns dies gelingt, ist eine weitaus spannendere Frage, als die, wann die Amerikaner den roten Planeten besiedeln.