Berlin - In vielen Firmen und Behörden breitet sich offenbar eine virtuelle Moorhuhnjagd aus, die Mitarbeiter von der Arbeit abhält. Angestellte großer Konzerne und Behörden berichten unter der Hand begeistert von dem Computerspiel, das man sich aus dem Internet kostenlos auf den PC laden kann. Es geht bei dem Spiel darum, in 90 Sekunden möglichst viele Moorhühner abzuschießen, die plötzlich auf dem Bildschirm auftauchen. Die Pressestellen offenbar betroffener Unternehmen reagieren zumeist zurückhaltend auf Anfragen. "Das Spiel kennen wir nicht", heißt es etwa beim Mineralölkonzern Aral. Die gleiche Antwort erhält man beim Arbeitsamt Hamburg. Bild Beim Axel Springer Verlag steht man hingegen zur Beliebtheit der "Moorhuhnjagd". Eine Verlagssprecherin berichtet, in der Hamburger Redaktion der "Bild"-Zeitung werde das Spiel gerne gespielt. Der Leiter der Berliner CDU-Landesgeschäftsstelle, Matthias Wambach, erzählt, er kenne das Spiel seit Dezember. Von einer Spielsucht, wie der Erfinder des Spiels, die Bochumer Phenomedia AG spricht, will Wambach aber nicht sprechen: "Man probiert es mal aus, und dann ist es okay", sagt er. Der persönliche Referent des brandenburgischen Innenministers Jörg Schönbohm (CDU), Karl-Theodor von Geyer, ergänzt, das Spiel habe sich von der CDU-Landesgeschäftsstelle in andere Institutionen und Organisationen ausgebreitet. Er betont, im Ministerium sei es aber nicht vorhanden. "Ich gehe nur privat auf den Moorhuhnstrich". Auch beim ZDF in Mainz ist das Spiel offenbar bekannt Eine Sprecherin beteuert zwar, in der Pressestelle sei das Computerspiel nicht bekannt. Eine Redakteurin des Senders berichtet aber, in einigen Redaktionen gebe es ein regelrechtes "Moorhuhnfieber". "Ich habe schon Schüsse auf den Gängen gehört", fügt sie mit einem Schmunzeln hinzu. Die tägliche Arbeit werde davon aber nicht beeinträchtigt. Beim Kölner Privatsender RTL heißt es in der Pressestelle, auch die Fernsehmoderatorin Birgit Schrowange schieße regelmäßig auf Moorhühner und habe bereits einen persönlichen Rekord von über 800 Punkten erreicht. "Ich selbst habe nur 770 Punkte", gesteht der Mitarbeiter der Pressestelle, der namentlich nicht genannt werden will. Auch beim Bundestag und Bundespräsidialamt ist die "Moorhuhnjagd" offiziell unbekannt, wenngleich die Phenomedia AG nach eigenen Angaben regelmäßig E-Mails von Spielern aus diesen beiden Behörden bekommt. "Wir arbeiten für den Bundespräsidenten und spielen nicht", sagt eine Sprecherin des Bundespräsidialamtes kurz und knapp. Das Spiel geht auf eine Idee der Hamburger Werbeagentur V + B zurück, die die "Moorhuhnjagd" ursprünglich 1998 von Phonemedia als Werbegag für die Whiskymarke "Johnnie Walker" entwickeln ließ. Viele Internet-Nutzer kopierten es sich seitdem von Freunden und Bekannten auf ihren PC. Einen regelrechten Ansturm auf das Spiel gibt es nach Angaben des Herstellers, nachdem der Berliner Radiosender RTL104.6 im Dezember 1999 eine Web site ins Netz stellte, von der das Spiel kostenlos heruntergeladen werden kann. "Wir erhalten seitdem täglich Hunderte E-Mails von Nutzern, die mehr über das Spiel wissen wollen oder technische Probleme haben", sagt der Webmaster des Senders, Marc Ackermann. Auf einer Rangliste werden die erfolgreichsten Moorhühnerjäger aufgeführt. (Reuters)