In "Fury" (1936) spielte Spencer Tracy einen Mann, der dem Lynchtod nur durch ein Feuer entgeht und sich schließlich mit knapper Not rehabilitieren kann. In "Beyond a Reasonable Doubt" (1956) unternimmt ein Mann einen prekären Test der Rechtssicherheit des Todesstrafensystems. Der Konflikt zwischen James Stewart und John Wayne in John Fords klassischem Western "The Man Who Shot Liberty Valance" (1962) ereignet sich genau an jener Grenze, an der die Gesetzeskraft noch nicht stark genug ist, um den Outlaw Liberty Valance in die Schranken zu weisen. Es bedarf also noch des Mannes, der den rettenden Schuss abgibt. John Wayne hat dieses Problem später auf einer politischen Ebene reaktionär gelöst, indem er sich für das US-Engagement in Vietnam einsetzte, während James Stewart in seiner ganzen Karriere den Marsch durch die Institutionen unternahm.
Die Ideologien haben in Hollywood immer zwischen diesen beiden Positionen geschwankt. Konservative Verfechter eines Ausnahmezustands, der sich inmitten der Gesellschaft ankündigt, wie John Milius, erfanden den Mann, der rot sieht (Charles Bronson in der "Death-Wish-Serie"), und lieferten die alttestamentarischen Rechtfertigungen gleich dazu. Das amerikanische System kommt vom Showdown als Urszene nicht los, deswegen hat auch die Todesstrafe so viele Anhänger, weil dadurch eine Entscheidungssituation hergestellt wird, die der Strafvollzug umgeht. Das Unbehagen, einen schweren Verbrecher nur hinter Gittern zu wissen, ist tief, zumal er dort häufig in falscher Gesellschaft ist. Das Kino setzt eher auf die Geschichten vom edlen Ausbrecher als auf eine kritische Bilanz des "correctional system".
Es bedurfte des australischen Films "Ghosts . . . of the Civil Dead" (John Hillcoat, 1988), um die industrielle Dimension der neuen Gefängnisse und ihren technokratischen Sadismus bloßzulegen - paradoxerweise verlängerte Hillcoat die archaischen Strukturen der Selbstjustiz in den Raum der Exekutive hinein. In der Häftlingsrevolte vollendet sich eine Anarchie, in der kein Gewaltmonopol mehr denkbar ist. Hillcoats Außenseiterproduktion (mit dem frühen Nick Cave als Schauspieler) beleuchtet nebenbei sehr gut, was in Hollywood möglich ist und was nicht. Haftanstalten wie aus "Ghosts . . . of the Civil Dead" kennt das amerikanische Kino nur im Kontext der Sciencefiction, dort werden sie dann aber bis in technologische Details ausfantasiert, von denen die tatsächliche Gefängniswirtschaft noch etwas lernen kann. Die herkömmliche Haftstrafe ist ein schlechtes Thema für das Kino, weil sie gewöhnlich lang und monoton ist. Der Faktor Zeit spielt auch eine wichtige Rolle in den meisten Fällen der Selbstjustiz: Es bleibt eine schwer erträgliche Vorstellung, einen Verbrecher auf Jahre hinaus am Leben zu wissen, womöglich noch mit der Aussicht auf Begnadigung im Alter und einer Bekehrung zum richtigen Glauben.